Von wem waren die Grundstücke und was ist geblieben?
Die Geschichte der Bergbahn, die von 1907 bis 1966 den Bozner Waltherplatz mit dem heutigen Rittener Hauptort Klobenstein verband, ist bereits intensiv erforscht worden. Obwohl sie vor fast 60 Jahren durch eine Seilbahn und eine Straße ersetzt wurde, ist das Interesse an ihr nach wie vor groß. Die Tatsache, dass sie eine ingenieurtechnische Meisterleistung darstellt und gleichzeitig eine Technik verkörpert, die sich der Landschaft anpasst und nicht mit auffälligen Kunstbauten brachial über sie hinweggeht sowie dem weit verbreiteten Bedürfnis nach Entschleunigung entgegenkommt, weckt verständlicherweise nicht nur Interesse sondern bei Eisenbahninteressierten auch Sehnsüchte.
Abb. 1: 22. Juli 1956. Meine Eltern wurden gerade in der Kirche Maria Himmelfahrt getraut und begeben sich mit den Hochzeitsgästen zu Fuß in das Hotel Holzner. Kurz vor dem Doppelbauer (Hotel Viktoria) werden sie von einem Richtung Klobenstein fahrenden Zug überholt. Von den gezogenen Beiwägen mit ihren kennzeichnenden offenen Plattformen ist leider kein einziger übrig geblieben (Sammlung Kobler).
Dass diese Wahrnehmung zu einem guten Teil einer verklärten Erinnerung geschuldet ist, sei an dieser Stelle auch angemerkt: Jeder, der nicht als Tourist unterwegs ist, weiß es heute nämlich zu schätzen, dass gegenüber den früheren neun täglichen Fahrten zu je 55 Minuten das Rittner Hochplateau heute im 4-Minuten-Rhythmus nach nur 12 Minuten Fahrzeit erklommen wird.
Abb. 2: Eines der häufigsten Motive bei Ansichtskarten über die Rittnerbahn. Ein bergfahrender Zug oberhalb von St.Magdalena bestehend aus Schublock, einem vierachsigen Personentriebwagen und einem offenen Güterwaggon für den Warentransport. Im Hintergrund die sich in diesen Jahren stark ausdehnende Stadt (Ansichtskarte aus der Zwischenkriegszeit, “BOLZANO – Ferrovia del Renon”, Sammlung Kobler)
Als Referenzwerk über die Rittnerbahn kann man heutiger Stand sicherlich das 2007 erschienene Buch Rittnerbahn: Eisenbahn am Berg – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Klaus Demar und Mitautoren nennen. Einen sehr guten und ausführlichen Einblick in Geschichte und Gegenwart der Rittnerbahn bietet auch Wikipedia an. Dort wird zudem auf sehr viel weiterführende, auch im Netz befindliche Quellen verwiesen, dabei sehr interessante aus der Plan-, Bau- und Betriebszeit. Schon zum Zeitpunkt der Eröffnung hat die Bahn ob der Ingenieursleistung für Aufsehen gesorgt. Wie sie in der Fachpresse seinerzeit beispielgebend beschrieben wurde, kann man in Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen (Teil 1, Teil 2), in der Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins sowie in Die Tiroler Bergbahnen nachlesen.
Abb. 3: Das Streckenprofil der Rittnerbahn (aus Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1908, S. 598).
Eine Quelle, die meines Wissens noch nicht aus den Archiven geholt wurde, ist ein Edikt, das im April und im Mai 1907, also bereits gegen Ende der Arbeiten, im Boten für Tirol veröffentlicht wurde (Abb. 4 bis 6). Darin werden alle vom Trassenverlauf betroffenen Grundstücke, getrennt nach den Gemeinden Zwölfmalgreien und Ritten, und deren Eigentümer aufgelistet. Letztere werden aufgefordert, sich innerhalb von 90 Tagen beim betreffenden Gericht zwecks der Entschädigung für die erfolgte “Exprpropriation” anzumelden. Das Bemerkenswerte dieser Tabellen ist, dass eine Vielzahl von früheren Eigentumsverhältnissen in einem Dokument zu Tage tritt. Voraussetzung dafür ist, dass man über ein Mindestmaß von Orstkenntnissen verfügt und den Streckenverlauf nachvollziehen kann. Einige Namen werden dem geneigten Leser dieses Blogs schon einmal oder mehrmals begegnet sein, und der eine oder andere wird die Namen seiner Vorfahren in der Tabelle wiedererkennen.
Abb. 4: Auflistung der betroffenen Grundstücke und deren Eigentümer in der Gemeinde Ritten (Amtsblatt des Boten für Tirol vom 6.4.1907, S. 11. Das Klicken auf die Abbildung vergrößert diese.Abb. 5: Auflistung der betroffenen Grundstücke und deren Eigentümer in der Gemeinde Ritten (Amtsblatt des Boten für Tirol vom 6.4.1907, S. 12.Abb. 6: Auflistung der betroffenen Grundstücke und deren Eigentümer in der Gemeinde Zwölfmalgreien (Amtsblatt des Boten für Tirol vom 7.5.1907, S. 9.
Bald sind 120 Jahre seit dem Bau, 60 seit der Auflassung der Steilstrecke vergangen. Was ist von ihr noch sichtbar? Thomas Hainz von RAI Südtirol hat sich im Rahmen der Sendung Bergwelt mit dem obgenannten Autor Klaus Demar auf dem Weg gemacht, um zu schauen, was von der inzwischen zum Industriedenkmal gewordenen Trasse noch übrig geblieben ist. Dabei werden nicht nur alte Fotos sondern auch immer wieder aufschlussreiche Filmsequenzen aus den letzten Betriebsjahren eingespielt. Wirklich sehenswert!
«Bergwelt – Entlang der Rittner Zahnradbahn. Montag 24. Februar 2025, RAI Südtirol. Eine spannende Tour auf den Spuren der Rittner Zahnradbahn und der Aufbruch zu neuen Skitouren im Hohen Norden Europas. Darüber berichtet die Bergwelt mit Thomas Hainz. Am Beginn des 20.Jahrhunderts war sie eine Errungenschaft für den aufkommenden Tourismus in Bozen: die Rittner Zahnradbahn. Heute ist sie längst Geschichte. Aber entlang der alten Trasse kann man diesem alten Industriedenkmal noch heute nachspüren und muss dafür auch mal die markierten Pfade auf den Ritten verlassen.»
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Hainz, T., Oberschmied, U., & Edler, J. (2025). Bergwelt – Entlang der Rittner Zahnradbahn [Video recording]. berg&welt medienproduktion im Auftrag von RAI Südtirol.
Die Gemüse-Greatl
Category: Menschen
geschrieben von Armin Kobler | 8. März 2025
Wenn dieser Name fiel, wusste jeder in Oberbozen sofort, wer gemeint war. Meiner Generation wird sie immer im Gedächtnis bleiben, war sie doch mit ihrem Gemüsestandl in der östlichen Ecke der Lunwiese, unweit des Bahnhofes Oberbozen, eine wichtige Konstante im Dorfleben. Ganz Oberbozen kaufte bei ihr ein, von frühmorgens bis spätabends nahm das Herrichten, Verkaufen und Verräumen des feilgebotenen Obstes und Gemüses sie und ihren Mann in Beschlag. Deshalb haben wir ihr auch diesen Übernamen gegeben. So mancher Sommerfrischler ließ sich die Ware sogar von ihrem Boten ins Haus bringen. Später übersiedelte ihr Geschäft in einen Neubau, immer in Bahnhofsnähe. Vor nicht allzu langer Zeit ist Margareth Pechlaner-Burger im 87. Lebensjahr verstorben. Mit ihren beiden Buben, hauptsächlich mit dem älteren, dem Thomas, habe ich immer im Sommer abends am Eishockeyplatz Fußball gespielt. Ihnen gilt mein Beileid.
Die achzehnjährige Pechlaner Greatl beglückwünscht meine Eltern zu ihrer Hochzeit am 22. Juli 1956 auf dem heutigen Riehlplatz. Sie sind gerade zu Fuß von der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt gekommen und sind dabei, das Hotel Holzner zu errreichen, wo das Hochzeitsmahl auf sie wartet (Foto Sammlung Kobler).
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