Mit welchem Ort verbindet man den Begriff “Rittner Sommerfrische”?
Category: Menschen,Oberbozner Sommerfrische
geschrieben von Armin Kobler | 3. April 2023
Richtig! Mit Oberbozen, und zwar spezifisch mit der Häusersiedlung, welche im heutigen Sprachgebrauch auf Maria Himmelfahrt reduziert wird. Dabei ist die Sommerfrische in Lengmoos/Klobenstein am nordöstlichen Teil des Rittner Plateus deutlich älter. Schon im 16. Jahrhundert entflohen die wohlhabenden Bozner Bürger der sommerlichen Hitze und dem geschäftigen Treiben der Stadt, suchten zeitweilig die Ruhe und Entrückheit eines Bergaufenthaltes, noch dazu bei atemberaubendem Panorama. Auch die Tatsache, dass es zu der Zeit immer noch wiederholte Pestausbrüche gegeben hat, wird die Entscheidung, die Familie für mindestens zwei Monate in die relativ sichere Sommerfrische zu schicken, begünstigt haben.
Leider ist von dieser Sommerfrischsiedlung wenig bekannt, zumindest in breiten Bevölkerungskreisen. Mir sind schon vor längerer Zeit die typischen Anwesen aus der damaligen Zeit aufgefallen, auch wenn sie im Gegensatz zu den Oberbozner Pendants inzwischen von später entstandenen Gebäuden mit anderer Zweckbestimmung eingekreist wurden. Ihr einfacher, vielfach quadratischer, der späten Renaissance geschuldeter Grundriss und das Walmdach unterscheidet sie von den länglichen barocken Oberbozner Sommerfrischhäusern mit den charakteristischen Schopfwalmdächern. Irgendwo hatte ich auch gelesen, dass bei den Klobensteiner Sommerfrischlern der Umhang einen schwarzen (wegen dem Deutschen Orden?) und nicht einen roten Kragen hat. Das war es aber auch schon.
Bücher darüber gibt es meines Wissens nicht, einzig die Publikationen von Georg Baron Eyrl (in der Zeitschrift “Der Schlern”, Auszug davon links abgebildet) und Josef Weingartner (im Buch “Die Kunst-denkmäler des Etsch-landes”) behandeln das Thema. Deshalb ist es für mich sehr wichtig, den emeritierten Prof. Christoph Pan letztlich kennengelernt zu haben. Seit 1975 besitzt der Soziologe das Sommer-frischaus Liebegg. Zusammen mit seiner Ehefrau Christine hat er das Haus mit Sach-verständnis renoviert, winterfest gemacht und mit sehr viel Feingefühl die Einrichtung vervollständigt.
Christoph Pan kennt sehr gut die obgenannte Quellen und bewegt sich auch sonst souverän im geschichtlichen Umfeld. Zudem ordnet er die örtlichen Entwicklungen in einem weiteren soziokulturellem Kontext ein. Ich hoffe sehr, dass sein Wissen zur Sommerfrische am Ritten auch der örtlichen Bevölkerung zugänglich gemacht wird.
Den Kontakt mit der Familie Pan habe ich übrigens Brigitte von Aufschnaiter zu verdanken. Ihre Familie war die letzte vor dem Eigentumsübergang 1969 auf meine Mutter, welche zum Zwecke der Sommerfrische in der Villa Kinsele eingemietet war. Christoph Pan war dort mehrmals zu Gast.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Eyrl, Georg Baron von (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 52–57.
Eyrl, Georg Baron von (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 87–92.
Eyrl, Georg Baron von (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 155–157.
Eyrl, Georg Baron von (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 184–188.
Eyrl, Georg Baron von (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 285–287.
Eyrl, Georg Baron von (1925). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 6, 86–88.
Putzer, Ivo von (1925). Bemerkungen zu: Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 6, 67–68.
Weingartner, Josef (1929). Die Kunstdenkmäler des Etschlandes Band III. Teil 1. u. 3 - 1.Teil: Ritten, Sarntal, Tschöggelberg und 3.Teil: Uberetsch, Unterland und Regglberg. Wien: Benno Filser.
V. Aufschnaiter, Brigitte (2023). Mündliche Mitteilung.
“Villa Kinsele mit Maria-Schnee-Kirchlein”
Category: Hausgeschichte,Zeitschiene
geschrieben von Armin Kobler | 3. April 2023
Zuerst einmal möchte ich erklären, wieso ich das Gebäude so nenne. Unter Villa stellt man sich heute weiß Gott was für einen Luxus vor, der heute sicherlich nicht vorhanden ist. Insofern könnte man meinen, die Bezeichnung sei übertrieben. Früher aber, als ein Sommerfrischhaus den “Herrischen” vorbehalten war, strahlte es sicherlich Luxus und Begehrlichkeit aus. Ausschlaggebend war aber, dass Georg Baron Eyrl in seiner Arbeit über die Sommerfrischhäuser auf dem Ritten (Schlern 6/1925), diese immer als Villa bezeichnet.
Meines Wissens ist die Villa Kinsele das östlichste Haus der historischen Sommerfrischsiedlung , welche um den gleichnamigen Schießstand als gesellschaftlichen Mittelpunkt gruppiert ist. Auf dem abgebildeten Ausschnitt des Geobrowsers sind auch die Nummern der Grund- und Bauparzellen angeführt; letztere haben einen Punkt vor der ersten Zahl (wie immer werden die Abbildungen durch Daraufklicken vergrößert). Die Villa Kinsele hat die Bauparzellennummer (BP) 361, leicht erkennbar mit dem grauen Dach, in der Mitte des Fotos. Dazu gehören eine Grünfläche an der Südseite vor dem Gebäude, Grundparzelle (GP) 3197/2, sowie zwei Wiesen, welche das Gebäude halbkreisförmig umschließen (GP 3196 und 3197/1). Nordseitig schließt sich das Kirchlein Maria Schnee BP 360), im Eigentum der Pfarre Oberbozen, an. Das zweite Gebäude dieses Komplexes ist das nach den langjährigen Eigentümern benannte Wegerhaus (BP 359). Dazu gehörten schon immer der ehemaliger Park (GP 3194 und 3200) und der darin befindliche historische Pavillon (BP 864/2), welchen übrigens Eleonore Kinsele für ein Exlibris ihres Cousins Anton Kinsele abgezeichnet hat.
Dass die heute so genannten Villa Kinsele und Wegerhaus eine zumindest teilweise gemeinsame Geschichte haben, lassen mehrere Hinweise vermuten. Der obgenannte Georg Baron Eyrl führt nämlich nur die “Villa Kinsele mit Maria Schnee” an, was bedeutet, dass das Wegerhaus damals ein Teil davon war. Zudem konnte man vor dem Umbau im Jahre 1970 im Balkonzimmer der Villa Kinsele gut eine zugemauerte Tür erkennen, welche direkt in das angebaute Wegerhaus führte. Andrerseits unterscheiden sich architektonisch die beiden Baulichkeiten. Als Laie der ich bin, vermute ich, dass die Villa Kinsele ihr ursprüngliches barockes Aussehen bewahrt hat, während das Wegerhaus – wahrscheinlich im 19. Jahrhundert – sichtbar umgebaut wurde.
Das dritte Gebäude diese Komplexes ist das ehemalige Wohngebäude eines Bauernhofes, dem “Hofer” (BP 362). Seine Wirtschaftsgebäude standen dort, wo sich das heutige Gastlokal “Babsi” (BP 3093) befindet und im Park des Hotel Post; an jener Stelle, wo bis vor ein paar Jahren ein Pavillon von der örtlichen Musikkapelle genutzt wurde. Der Bauernhof wurde am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts an den Nordrand des Dorfes verlegt, die Gebäudlichkeiten verloren daraufhin ihre landwirtschaftliche Nutzung. Auf dem Luftbild kann man den markant großen Stall/Stadel des Hoferbauern noch erkennen und Ortskundige werden bemerken, dass das großzügig erbaute Hofensemble angrenzend an die Bäckerei Hackhofer noch fehlt. Die Villa Kinsele ist von ihren Bäumen ziemlich zugedeckt, die darunter befindlichen Hotels Post (damals Friedl) und das Viktoria sind hingegen leicht erkennbar.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Eyrl, Georg Baron von (1925). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. In: Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 6, 183–186.