Abb. 1: “Maria Schnee – Oberbozen gegen den Latemar (2864 m). Dolomiten. Tirol” (Kolorierte Ansichtskarte, Anfang 20. Jahrhundert).
Vor einer Woche habe ich Bilder vom Migler (Obermigler) gezeigt. Von dort aus, Richtung Südosten, wurde das Foto als Grundlage für diese kolorierte Ansichtskarte gemacht (Abb. 1). An Hand der ersichtlichen Bauwerke schätze ich, dass es in den ersten Jahren der Rittnerbahn entstanden ist. Man sieht nämlich von links nach rechts das Hotel Oberbozen/Holzner, ziemlich verdeckt die Villa Messmer (später vergrößert zu Villa Maria, Bergfink, Gloriette), die Bäckerei, den Rittnerhof, den Gebäudekomplex Baumgartner-Prock (noch unvollendet), das Haus Kofler (später Plankl). Hinter beiden letzteren kann man das helle Dach des Hotel Hofer (vormals Unterhofer, später Post) gerade noch erahnen. Das Maria-Schnee-Ensemble Kirche-Oberhofer-Wegerhaus-Kinselehaus ist hingen vollständig hinter den hohen Bäumen des Parks versteckt. Weiter rechts erkennt man an der Dachform wie immer sehr leicht die Villa Pattis (jetzt Pan) und darunter das Wohngebäude des Doppelbauern (später Hotel Viktoria).
Wenige Jahre darauf ist das Bild ein klein wenig anders (Abb. 2): Ganz links ist nämlich das Dach des neu errichteten Hoferbauer-Stadels zu sehen. Wie schon berichtet, ist dieser Hof, der aus dem Zusammenschluss von Unter- und Oberhofer entstand, in den Zwanzigerjahre aus dem Zentrum von Maria Schnee ausgesiedelt. Zwischen ihm und dem schon bestehenden Bäckereigebäude ist die am Schlauchturm erkennbare Feuerwehrhalle entstanden.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Wie ich bereits in einem früheren Beitrag angedeutet habe, hat die Erschließung des Rittner Hochplateaus durch die Zahnradbahn große bauliche Veränderungen ausgelöst. Sie wären noch viel tiefgreifender gewesen, wenn nicht der Erste Weltkrieg und seine politischen Folgen den Bautätigkeiten eine unerwartete Unterbrechung, die fast bis zur Fertigstellung der Straße im Jahre 1971 dauerte, beschert hätten.
Um das Gebiet vor allem um Maria Schnee und Klobenstein baulich zu erschließen, wurde in Bozen noch während des Bahnbaues der “Oberbozner Grund- und Bauverein” als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet (Abb.1). Für den heutigen Leser besonders interessant: Einige Mitgesellschafter waren gleichzeitig Bozner Kommunalpolitiker, allen voran Bürgermeister Julius Perathoner, die den Bahnbau voller Überzeugung politisch forcierten. Heute wäre eine solche Konstellation völlig unmöglich, die Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen zu vordergründig. In den Zeitungen, auch in jenen, die das Wirken des freiheitlichen Bürgermeisters kritisch verfolgten, wurde dies aber nicht thematisiert. Ob nun die Gesellschaft gegründet wurde, um die Bebauung nicht nach dem Gutdünken einzelner Bauherren, sondern gemäß raumplanerisch sinnvollen Grundsätzen durchzuführen, oder ob doch wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen, oder ob es sich gar um den glücklichen Fall einer Win-Win-Situation handelte, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen. Sicher ist aber, dass die Bedeutung dieser Gesellschaft für den Ritten noch nicht historisch aufgearbeitet wurde und auch ihre nicht realisierten Pläne, soweit sie noch vorhanden sind, harren noch der Entdeckung. Fest steht auch – das Grundbuch spricht eine eindeutige Sprache – dass der Oberbozner Grund- und Bauverein als unangefochtener Platzhirsch auftrat. Einzig Edmund Zallinger, Grieser Kurdirektor und auch wie die vorigen genannten eifriger Bahnpromotor, war immobilienmäßig in Oberbozen tätig, aber auf einer kleineren Fläche zwischen St. Magdalena und Maria Schnee.
Abb. 1: Bozner Nachrichten vom 20. Dezember 1906.
Mit dem Erwerb der flächen- und gebäudemäßig gut ausgestatteten Bauernhöfe Ober- und Unterhofer hatte sich die Gesellschaft die Filetstücke in und um Maria Schnees gesichert. So wurde der Bahnhof Oberbozen am oberen Rand der Hoferbreiten errichtet, genauso das gleichnamige Hotel. Zum besseren Verständnis sei angefügt, dass der Unterhofer schon damals oft einfach nur mehr Hofer genannt wurde; diese Ungenauigkeit auch im schriftlichen Verkehr hat mir übrigens anfangs die Recherchen sehr erschwert. Um das Beherbergungsangebot in Oberbozen weiter zu verbessern, wurde das Wohnhaus des Unterhofers nun ganz zum Gasthof umgebaut und ein Pächter dafür gesucht (Abb. 2).
Abb.2: Die Annonce in der Bozner Zeitung vom 14. Februar 1907 zeigt uns heute, was einen Gastbetrieb damals attraktiv machte.
Die Umtriebigkeit der Gesellschafter wurde auch medial gewürdigt, wie entsprenchede Zeitungsmeldungen bezeugen (Abb. 3). Mit Davos und St. Moritz als Vorbilder hatte man tatsächlich Großes vor. Während man mit Hans Holzner als anfänglich Pächter, später Eigentümer des Hotel Oberbozen eine kontinuierliche Periode in der Rittner Tourismusgeschichte einläutete – die Familie führt inzwischen den vorbildlich geführten Betrieb in der vierten Generation – , war die Geschichte des heutigen Hotel Post weniger linear.
Abb. 3: Ausschnitt aus einem Bericht in der Bozner Zeitung über die Fortschritte beim Bau der Rittnerbahn vom 16. Februar 1907.
Wie schon beim Hotel Oberbozen 1911 verkaufte die Eigentümergesellschaft auch beim Gasthof Hofer nach einigen Jahren die Liegenschaft an den Pächter und auch hier erhielt der Betrieb den Namen desselben. Die Familie Friedl führte das Hotel bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Danach übernahm der Hoteldirektor Karl (Carletto) Lang den Betrieb, der in der Folge die bis heute gültige Bezeichnung Hotel Post erhielt. Ausschlaggebend für die Namensänderung dürfte das zwischenzeitlich im Hotel untergebrachte Postamt gewesen sein. Eine Poststation, wie der unbedarfte Gast meinen könnte, hat es hier aber nie gegeben, schon deshalb nicht, weil der Ort an keiner Durchzugsstraße lag.
Abb. 4: Vom Gasthof Hofer (siehe Abb. 5 im vorigen Beitrag) zum Hotel Friedl. Jetzt ist vom vorigen Bauernhof kaum mehr was zu erkennen, eine großzügige Veranda und viele Balkone prägen die Südseite, im Norden ist ein turmartiger Zubau entstanden, die spätere Dependance rechts ist aber noch Wirtschaftsgebäude. Auf Grund der ausschleißlich italienischsprachigen Beschriftung ist die Ansichtskarte der Zwischenkriegszeit zuzuordnen (Ansichtskarte Sammlung Kobler).
Um dem wachsenden Maria Schnee auch eine dörfliche Struktur zu geben, wurden in der Nähe der Kirche zwei Wohnhäuser mit Geschäftslokalen im Erdgeschoss errichtet, welche aneinandergebaut waren und somit den Beginn eines sich weiterzuentwickelnden Straßenzuges ergaben. Heute ist darin das “Tutti Patschenggele” und der “Weissensteiner” untergracht. Dafür musste aber der Stadel des Oberhofers mit seinen Nebengebäuden weichen.
Und wie ging es mit den beiden Höfen weiter? Trotz dass einiges davon verbaut wurde ist durch die Zusammenlegung der Flächen ein bemerkenswert großer Betrieb entstanden. Der Hofer, so sein Name jetzt, wurde gleich nach dem Erwerb 1907 an den Mittelberger Karl Ramoser, einem Schartnerhofsohn und Viehhändler, verpachtet.
Abb. 5: Der Nachruf über Karl Ramoser sen., erschienen in den Dolomiten vom 4. Dezember 1961.
Die Bauersleute nutzten die beiden übriggebliebenen Gebäude, d.h. sie wohnten im alten Oberhofergebäude und als Stadel wurde jener des ehemaligen Unterhofers verwendet. Nachdem das Ende des Ersten Weltkrieges der wirtschaftlichen Expansion ein jähes Ende gesetzt hatte und eine weitere Entwicklung des Fremdenverkehrs nicht absehbar war, verkaufte der Oberbozner Grund- und Bodenverein 1920 den gesamten Hof an Karl Ramoser. Dieser errichtete in den 1930er Jahren oberhalb der Bäckerei Hackhofer ein großzügiges Bauernhaus und siedelte sich dort an.
Abb. 6: Ganz rechts der in den 30er Jahren neu erbaute Hofer, das Bild dürfte vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden sein. Zu sehen ist noch der erste Stadel, der 1966 ein Raub der Flammen wurde (Ansichtskarte Sammlung Kobler).
Das alte Oberhofergebäude wurde später aufgestockt und zu einem Wohnhaus mit Mietwohnungen, der Villa Barbara, umgebaut. Zeitweise war im Parterre sogar die Tapeziererwerkstatt Prast untergebracht. Das benachbarte kleinere Wirtschaftsgebäude, heute zum Gasthaus Babsi erweitert, beherbergte neben einer kleinen Wohnung im Erdgeschoss zeitweise die erste Filiale der örtlichen Raiffeisenkasse.
Abb. 7: Villa Kinsele (links) und Villa Barbara (auf dem Foto leider teilweise von unserer Linde verdeckt) von Süden in den 50er Jahren. Nichts erinnert mehr an das frühere Oberhoferhaus (Foto Sammlung Kobler).Abb. 8: Die Ostseite der Villa Barbara – die Inschrift unter der Loggia ist noch erkennbar – und rechts ein Teil des Wegerhauses, 1985. Das Nebengebäude (Abb. 9) ist bereits abgerissen, das Gasthaus Babsi entsteht (Foto Sammlung Kobler).Abb. 9: Nordseite des Nebengebäudes des ehemaligen Oberhofers, Anfang der 80er Jahre. Der schwer zu findende Eingang zur ebenerdigen Raiffeisenkasse befand sich auf der Ostseite, man musste links durch den schmalen Durchgang zwischen dem Gebäude und der Dependance des Hotels Post gehen. Die Wohnung im ersten Stock wurde vermietet.
Der große Unterhoferstadel brannte 1902 und 1913 durch Blitzschlag ab, wurde aber jedes Mal wieder aufgebaut. Schließlich fiel er nach der Aussiedlung des Hofers der Spitzhacke zum Opfer. An seiner ehemaligen Nordseite stand dann jahrzehntelang der hölzerne Pavillon der Musikkapelle Oberbozen, zuerst ohne, dann mit teilweiser Überdachung. Auch der neue Hoferstadel brannte übrigens schon einmal ab, und zwar 1966, wobei die Brandursache laut Zeitungsbericht diesmal nicht festgestellt werden konnte.
Abb. 10: Das im Zuge der baulichen Entwicklung in Maria Schnee entstandene kleine Handelszentrum: die ehemals als Metzgerei, Gemischtwarenhandlung und Pension genutzten Gebäude Baumgartner-Prock. Vorne links der erste, noch nicht überdachte Musikpavillon mit den fixen Notenpulten, welcher dort errichtet wurde, wo früher der Unterhoferstadel nordseits an den Weg grenzte (Ansichtskarte, vermutlich 1950er Jahre. Auch dieses Mal ein krasser Vedutenschwindel, die im Hintergrund dargestellten Dolomiten liegen tatsächlich im Rücken des Betrachters).
Von nun an erinnerte im Zentrum von Maria Schnee nichts mehr an die vergangene bäuerliche Tätigkeit, der Wandel von ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Gebäuden zu Handel, Dienstleistung und Tourismus war vollzogen.
(Schluss)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Foto Fränzl (Zwischenkriegszeit). OBERBOZEN am RITTEN bei Bozen – 3330a SOPRABOLZANO m. 1220 sul RENON VILLA LAURIN [Ansichtskarte].
Hans von Hoffensthal, der fast vergessene “Dichter des Rittens”
Category: Menschen,Oberbozner Sommerfrische
geschrieben von Armin Kobler | 22. März 2025
“Wieder einmal kann der jauchzende Ruf durch alle Lande gesandt werden: Wir haben einen Poeten! Einen Poeten!“
So überschwänglich klang es in der der Rezension der Neue Hamburger Zeitung anlässlich Hoffensthals Erstroman Maria Himmelfahrt. Und tatsächlich genoss der Autor zu Lebzeiten ein derartiges Renommee, dass er sogar Hermann Hesse einmal vorangestellt wurde und seine Romane sich mit jenen von Rainer Maria Rilke und Arthur Schnitzler in einer Bestenliste der damaligen Zeit wiederfanden. Sein der Tuberkulose geschuldete allzu früher Tod 1914 – er wurde nur 37 – , das Waffengeklirr des ersten Weltkrieges, welches die Klagelieder über den Verlust schnell übertönten sowie die Tatsache, dass das Genre des Gesellschaftsromans danach auf wenig Wertschätzung stieß, ließen das Interesse an seinem Werk bald schwinden.
Frau Beatrix Unterhofer, als Wirtstocher des Schluff in der Oberbozner Sommerfrische aufgewachsen und im steten Kontakt mit deren Bewohnern, hat das Leben und Wirken Hoffensthals zum Inhalt ihrer Diplomarbeit gemacht. Es war eine glückliche Fügung, dass Edition Rætia diese, angereichert mit den gewohnt einfühlsamen Fotos Oswald Koflers, in Buchform herausgegeben hat. Hans von Hoffensthal – Ein Leben in der Sommerfrische, auch dieses Werk ist leider nur mehr im Buchantiquariat erhältlich.
Zum 125. Geburtstag des Dichters hat Georg Kierdorf-Traut ihn in der volkskundlichen Zeitschrift Der Schlern gewürdigt. Ein sehr lesenswerter Beitrag, der u.a. einen schönen Kurzauszug aus Lori Graff beinhaltet und auch treffend das sein Œvre durchwirkende Naturverständnis erklärt.
Um das Wirken Hoffensthals wieder mit der Sommerfrische und damit auch der Villa Kinsele und deren Bewohnern in Verbindung zu bringen, erlaube ich mir, einen Textauszug aus der Arbeit von Beatrix Unterhofer direkt zu übernehmen.
Der Ritten als Schreibstube
Auch der Dichter Hoffensthal erlebte die Zeit von Mitte Juni Anfang September zum Großteil im vertrauten Umfeld seiner Familie, Vettern und Tanten im Rittner Feriendomizil am Anglerhof, den der Vater um 1885 erworben und zu einem bequemen Sommerhaus nach altem Bozner Brauch umgestaiten ließ. In all seinen Romanen gibt es eine ausgeprägte Bezogenheit auf den konkreten Rittner Raum. In der Nähe und doch abseits des urbanen Raumes, im Schutz der Sommerfrische, begegnen sich Stadt und Land, und dort weilte und schrieb Hoffensthal. Fast alle Romanhelden kommen mit der Sommerfrische und den dort praktizierten Bräuchen in Berührung, Durch die künstliche Siedlung erfährt das Bürgertum Nobilitierung, die Landschaft wird zum inszenierten Erlebnis: Parkhafte Hochgebirgsszenerie, pittoreske Schluchten und Tälerromantik, Umgestaltung des Parks zu Kulissen, verbunden mit einem Reglement an Bildung und Verhalten, werden zu Themen mit alltäglichem oder exotischem Charakter. In dieser theatralisch maroden Isolation wurden die Alleen unter genau eingespielter Regie zu Kommunikatiunszenlren. Es entsteht ein Korso am Berg. Durch lange, ebene, künstlich geschaffene Wege sind die einzelnen Häuser miteinander verbunden, und es entsteht eine Korso-Situation: Aus städtischer Gewohnheit pflegt die »Gesellschaft« nun zwischen den einzelnen Mahlzeiten auch auf dem Berg zu promenieren. Ruheplätze, eine sogenannte »Bankerl-Landschaft«, trägt zur Höhentherapie und der Ritten als Dependance des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens des Bozner Patrizier- und aufsteigenden Bürgertums bei.
Ich habe noch zu wenig vom Autor gelesen, um mir bekannte Personen möglicherweise in seinen Texten wieder zu erkennen. Die Villa Kinsele aber hat Hoffensthal sehr wohl zumindest im Roman Marion Flora verwendet, ganz eindeutig ist sie dort wiederzufinden, auch wenn er nicht ihren Namen nennt. Sogar die damalige Bepflanzung der Nachbarhöfe Hofer und Doppelbauer stimmen zur Gänze.
Die Lärche beim Doppelbauer.Der Hofer, vormals Bauernhof, mit den drei Albern rechts.Ein Teil der früheren Sonnenuhr.
Schlussendlich gibt es auch noch einen verwandschaftlichen Zusammenhang: Maria Antonia Anna Kinsele, die Tochter des Franz Sales Kinsele und Gemahlin des Bozner Bürgermsteisers Anton Hepperger, war die Großmutter des Hans von Hoffensthal.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Anonym (1961). Gruppenbild am Ortnerhof [Fotografie].
Hofer, Oberhofer, Unterhofer, Doppelbauer?
Category: Nachbarschaft,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 22. März 2025
Der Versuch, die Höfe endlich eindeutig zu bestimmen.
Auszug aus dem Franziszeischer Kataster um 1860.
Auch wenn die Villa Kinsele im Mitttelpunkt der Häusergeschichte bleibt, ist es naheliegend, auch die Geschichte der umgebenden Gebäude etwas zu beleuchten. Besonders, wenn unser Sommerfrischhaus mit diesen zusammengebaut ist. Vielleicht finden wir noch den Grund heraus, warum hier – anders als in Oberbozen sonst üblich – zwei Sommerfrischhäuser an ein nachweislich älteres Bauernhaus angebaut sind; vielleicht bleibt es aber auch ein Geheimnis. Von den drei Höfen, welche den Kern Maria Schnees bilden, hat nur mehr einer eine zudem teilweise landwirtschaftliche Funktion. Einer wurde in ein Hotel umgewandelt und einer in Wohnungen, später zusätzlich zu einem Gasthaus umgebaut.
“… grenzend gegen Osten an die Oberhoferwiese und den Oberhoferplatz, gegen Süden an die Behausung des Oberhofer und der Alois Kinsele’schen Erben, gegen Abend an die Wiese des Doppelbauern und die Kirche von Maria Schnee, gegen Norden an die Wiese des Oberhofer.”
Beilage zur Bozner Zeitung 9.6.1866
Das ist natürlich ein Hinweis, welcher ob seiner Präzision sehr hilfreich ist. Es ist das Versteigerungsedikt, mit dem die Verlassenschaft der Frau Wilhelmine Witwe Kofler geborenen Grätzl feilgeboten wird (das spätere Wegerhaus). Interessant, dass der Stadel des Oberhofers an dem Ort stand, wo später eine kurze, urban wirkende Häuserzeile entstand, genau gesagt die Metzgerei Baumgartner. Fotos von genau dieser Situation habe ich (noch) keine.
Deutlich schwieriger war die Verortung der Höfe Hofer und Unterhofer. Zuerst einmal ist es naheliegend zu denken, dass wenn ein Oberhofer existiert, es zumindest auch einen Unterhofer geben wird. Ein Hofer – zwischen den beiden – ist ebenfalls denkbar. Bestärkt wurde ich in letzterer Annahme von der Tatsache, dass die drei Höfe höhenversetzt sind, der Hofer als landwirtschaftliches Anwesen samt Gastwirtschaft immer wieder beschrieben wird und die Eigentümer des untersten Hofes Unterhofer hießen.
Links im Bild der Doppelbauer, der Unterhofer (inzwischen Gasthof Hofer) rechts.
Doch es kamen bald auch Zweifel an der These auf: Denn der Unterhofer’sche Hof wird immer wieder als Doppelbauer (siehe unten) bezeichnet. Doppelbauer bedeutet Besitzer zweier Höfe? Und wenn das nicht der Unterhofer ist, wer in Maria Schnee ist er dann?
Carl Höffinger (1895) S. 376
Meine ursprüngliche Hypothese habe ich endgültig verworfen, als ich letztlich die Meldung fand, dass der Oberbozner Grund- und Bauverein 1921 dem Karl Ramoser den Ober- und Unterhofer verkauft hat (siehe Zeitungsausschnitt). Unmöglich nämlich, dass der Doppelbauer einmal auch dem späteren Hoferbauer gehört haben konnte! Aber zum Glück sind in der Meldung auch die Einlegezahlen des Grundbuchs vermerkt.
Südtiroler Landeszeitung (18.8.1921) S.3
Ein Besuch im Grundbuchsamt in Bozen und das Durchblättern der ledergebundenen schweren historischen Bücher hat dann endlich Klarheit geschafft: Offiziell gab es den Oberhofer, Unterhofer und Doppelbauer. Mit der verwirrenden Eigenheit, dass der Unterhofer immer wieder einfach nur Hofer genannt wurde.
Dieser schlampige Umgang mit den Hofnamen hat mich die längste Zeit im Dunkeln tappen lassen. Gelernt habe ich in der Sache, dass es in diesen Fällen besser gewesen wäre, das Grundbuch von Anfang an in Anspruch zu nehmen, in den Einlagen der betroffenen Katastergemeinden systematisch zu blättern und für die Verortung der Höfe die BP-Nummern der Hofstelle zu notieren. Meine Lernkurve in dieser Recherche zeigt also immer noch steil aufwärts.
In der nächsten Zeit werde ich die drei Höfe und deren Entwicklung detaillierter darstellen.
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