Category: Ansichtskarten der Woche,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Von der Villa Meßmer zum Gloriette Guesthouse
Abb. 1: “Station Oberbozen m. Rosengartengruppe” (Ansichtskarte, Anfang 20. Jh.). Links im Vordergrund die Westseite der Villa Meßmer. Die im Vordergrund ersichtlichen Flächen des späteren Parks des Hotel Hofer/Friedl/Post werden noch landwirtschaftlich genutzt. Das Klicken auf die Abbildung vergrößert wie immer deren Darstellung am Bildschirm.
Selbst den meisten Ritten-Kennern wird der Name „Villa Meßmer” nichts sagen. Tatsächlich trug die Villa diesen Namen nur ganz kurz. Zudem konnte sie ihre ursprüngliche Form und Zweckbestimmung nur für kurze Zeit behalten. Sie war eine jener Villen – in Aussicht gestellt wurden laut Zeitungsberichten 200 (!) –, welche in der ersten Zeit um und nach dem Bau der Rittnerbahn hochgezogen wurden (Abb. 2). Der Bauherr war Dr. Heinrich (Heinz) Meßmer, ein rühriger Bozner Zahnarzt.
Abb. 2: Auszüge aus dem Grundbuch. “Maria Schnee – BP. 1161 – Wohnhaus Nr. 75 Oberbozen”.
Geboren wurde er im oberösterreichischen Freistadt, wuchs aber in Bozen auf, wo der zweite Mann seiner Mutter, Dr. Franz v. Zallinger, eine Zahnarztpraxis führte. Nach seiner Promotion zum Doktor der Gesamten Heilkunde war er in verschiedenen Teilen der österreichischen Monarchie tätig, bis er sich 1901 als Zahnarzt in Bozen niederließ. Er war stark im Musik- und Gesellschaftsleben der Stadt eingebunden, man findet zahlreiche Zeitungsmeldungen aus der Zeit, wo über ihn als Sänger, Liedtexter, Konzertveranstalter, Ballorganisator usw. berichtet wird. Auch wurde er 1902 in den ersten Vorstand des gerade gegründeten “Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein Bozen und Umgebung” gewählt. Trotzdem zieht er schon 1908 nach Wien, seine neue Villa am Ritten hatte er also nur kurz bewohnt. Er verkauft sie schließlich 1910 an Hans Holzner, der kurz davor das Hotel Oberbozen, welches für kurze Zeit Hotel Maria Schnee hieß, gepachtet und kurze Zeit später käuflich erwerben sollte (Abb. 3).
Abb. 3: Auszüge aus dem Grundbuch. “Dr. Heinrich Meßmer” “Hans Holzner”.
Abb. 4: “Nr. T 18018” Maria Schnee/Oberbozen in einer Luftaufnahme (Anfang 20. Jh.). Die Villa Meßmer befindet sich im Zentrum des Fotos auf dem oberen Weg zwischen dem Bahnhof und dem Zentrum von Maria Schnee, kurz vor dem großen Stadel des Unterhofers und dem kaum ersichtlichen Dorfteich in der Lunwiese.
Im Jahr 1920, nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und der Annexion Südtirols durch Italien, kehrt die Familie Meßmer nach Bozen zurück. Heinz kann dort sofort wieder seine zahnärztliche Tätigkeit und die gewohnte gesellschaftliche Rolle ausüben, das Haus am Ritten bleibt freilich im Eigentum der Familie Holzner. 1928 stirbt Heinz Meßmer an Herzversagen, einer der Nachrufe, damals wurden sie auch “Gedenkblätter” genannt, ist in Abbildung 5 ausschnittsweise bzw. nach Anklicken in seiner Gesamtheit dargestellt.
Abb. 5: Nachruf Heinrich (Heinz) Meßmers in den “Dolomiten” vom 4. Februar 1928. Durch Anklicken wird er vollständig sichtbar.
Die von Hans Holzner 1910 gekaufte Villa hätte als Wohnhaus der Hoteliersfamilie dienen sollen, wird aber sogleich als Dependence mit dem Namen Villa Bergfried (die zweite dieses Namens übrigens in Maria Schnee) genutzt. In der Zwischenkriegszeit wird sie zur Pension Villa Maria vergrößert (Abb. 6).
Abb. 6: “OBERBOZEN am RITTEN PENSION VILLA MARIA 701-342. SOPRABOLZANO m. 1222 sul Renon (presso Bolzano) PENSIONE VILLA MARIA”. Die Darstellung der Gebäude ist wahrheitsgetreu, bei der Abbildung der Gebirge rund um den Ritten wurde – wieder einmal! – geschwindelt. Die Berge wurden höher als tatsächlich dargestellt und auch etwas in Richtung Norden gedreht.
Im Zuge der wirtschaftlichen Konsolidierung des Betriebes wurde die Villa Maria 1971 an Sieglinde Mühlfellner, verehelichte Fink, verkauft. Das Gebäude wurde in der Folge mehrmals adaptiert und bekam den Namen “Haus Fink” zuerst, “Hotel Bergfink”zuletzt (Abb. 7 und 8). 2007 kaufte es die Familie Alber, führte es zunächst selber und verpachtete danach auch für mehrere Jahre an das Parkhotel Holzner.
Abb. 7: Die Südseite des Hotel Bergfink. Man erkennt trotz baulicher Veränderungen die Abstammung von der Villa Maria (Foto: Manuel Benedikter Architekt).Abb. 8: Die Nord- und Westseite des Hotel Bergfink. Auch hier ist die ursprüngliche Villa Maria noch erkennbar (Foto: Manuel Benedikter Architekt).
Im Jahr 2018 wurde das Gebäude von der aktuellen Eigentümerfamilie Alber abgerissen und durch das „Gloriette-Guesthouse“, ein Boutiquehotel mit 25 Zimmern, ersetzt. Damit wurde radikal mit der architektonischen Vergangenheit gebrochen. Eine mutige Entscheidung, die bei den Einwohnern Oberbozens nicht nur auf Gegenliebe gestoßen ist. Zum besseren Verständnis der Intentionen und Ergebnisse der Planung ist die Beschreibung auf arch.atlas hilfreich: „… ein Projekt der Architekturstiftung Südtirol mit dem Ziel, in Südtirol realisierte Architekturprojekte zu erfassen, zu dokumentieren und zu veröffentlichen.” “Eyecatcher ist jedoch jener ausladende Zylinder, der sich an der Südseite durch das Walmdach bohrt. Deutlich erkennbar ist, dass dieser die Bögen der Fassade aufnimmt: Der Bogen wird auf den Kopf gestellt und wird in das Innere des Daches geführt. Die Schale, in die der Pool eingebettet ist, wurde mit demselben bronzefarbenen Aluminiumpaneelen verkleidet wie die Außenseite der Erker. Sie stellt eine Zäsur zum dunkelbraunen Walmdach dar und lässt ein faszinierendes Spiel mit Reflexionen zu.“
Abb. 9: Das Gloriette-Guesthouse von Süden gesehen (Foto Gloriette-Guesthouse).
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Foto Fränzl. (50er Jahre). OBERBOZEN am RITTEN PENSION VILLA MARIA 701-342. SOPRABOLZANO m. 1222. sul Renon (presso Bolzano) PENSIONE VILLA MARIA [Ansichtskarte]. Sammlung A. Kobler.
Huber, D. by peppis it / W. D. by D. (n.d.). Boutiquehotel Bozen - Gloriette Guesthouse - Ritten, Südtirol. Retrieved September 28, 2025, from https://www.gloriette-guesthouse.com/
Ansichtskarten der Woche (12)
Category: Ansichtskarten der Woche,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Der Baumpinkler von Wolfsgruben
Abb. 1: “Costalovara m. 1225 sul Renon – Wolfsgruben am Ritten” (Ansichtskarte, Anfang 20. Jh.). Das Klicken auf die Abbildung vergrößert wie immer deren Darstellung am Bildschirm.
Ritten-Kenner werden in Abbildung 1 sogleich das St.-Josef-Kirchlein des Weilers Wolfsgruben, kurz vor Oberbozen gelegen, erkannt haben. Wenn man die Ansichtskarte vergrößert, erkennt man den noch offenen Bach, der zum gleichnamigen See führt, einen Holzsteg darüber, einen Karrenweg und rechts, dem Zaun entlang, einen gepflegten Fußweg. Und wenn man besonders akkurat in die linke Ecke schaut (Abb. 2), kann man einen an der Lärche die dringende Notdurft verrichtenden Knaben erkennen. Wird er die Anwesenheit des Fotografen nicht bemerkt haben?
Abb. 2: Vergrößerter Ausschnitt aus Abbildung 1.
Und wie sieht die Situation heute aus? Ich habe letztlich probiert, das Foto nachzustellen (Abb. 3) , ein Unterfangen, das schon durch die vermutlich verschiedenen Brennweiten nicht erleichtert wird. Zudem ist es nicht einfach, den Aufnahmepunkt zu finden bzw. kann er auch gar nicht mehr zugänglich sein. Im Fall von Wolfsgruben hatte ich Glück, man kann die Bilder recht gut vergleichen.
Abb. 3: Das St.-Josef-Kichlein im Sommer 2025.
Kulturpessimisten werden bei diesem Vergleich auf ihre Rechnung kommen. Die Lieblichkeit des Ortes wurde der automobilbasierten Erreichbarkeit nämlich geopfert, das Umfeld der Kirche hart versiegelt und verbaut, Asphalt und Steinmauern dominieren das Bild, der Bach selbstverständlich wegkanalisiert, die Kirche, symptomatisch für die Zeit, in den Hintergrund gedrückt. Natürlich, auch ich genieße es, sollten Gepäck und Sachen mit auf den Berg, komfortabel mit dem Auto die Villa Kinsele zu erreichen, das sollte man sich schon immer vor Augen behalten. Aber rein was die Schönheit betrifft, davon musste schon viel geopfert werden, um die heutzutage als selbstverständlich gesehenen Annehmlichkeiten zu bekommen.
Abb. 4: “Der Riiten bei Bozen – Wolfsgruben (1202 m) mit Ober-Bozen (1200 m)” (Ansichtskarte, Anfang 20. Jh.).
Das Kirchlein von einer anderen Richtung aus aufgenommen, gegen Westen blickend, samt der benachbarten Gebäudlichkeiten, zeigt die Ansichtskarte der Abbildung 4. Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied zu heute: Das Gästehaus Villa Maier ist noch ein großer, langgezogener Stadel. Im Hintergrund rechts der Mitte das noch wenige Häuser zählende Maria Schnee des Jahrhundertanfangs, leicht erkennbar an der dominierenden Silhouette des Hotel Oberbozen/Holzner, ganz links hingegen Maria Himmelfahrt.
Abb. 5: “Costalovara sul Renon verso le Dolomiti” (Ansichtskarte, Mitte 20. Jh.).
Auf der Ansichtskarte der Abbildung 5 schauen wir hingegen von Oberbozen in Richtung Osten. Der Gasthof Maier ist in der Zwischenzeit entstanden, am Hügel erkennt man den glücklicherweise immer noch ursprünglich erhaltenen Plattnerhof, der das Bienenmuseum beherbergt.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Museum Plattner - Online Shop - Bio Honig - Trockenfrüchte Südtirol - Italien - Plattner Bienenhof. (n.d.). Retrieved July 24, 2025, from https://www.museo-plattner.com/de/
Ansichtskarten der Woche (9)
Category: Ansichtskarten der Woche,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Hotel Oberbozen, Holzner, Savoia, Holzner
Abb. 1: “Bahnhof Oberbozen mit Hotel Holzner” (Ansichtskarte, 20er Jahre). Das Klicken auf die Abbildung vergrößert wie immer deren Darstellung am Bildschirm.
Eine Ansichtskarte (Abb. 1) aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg: Das Hotel Oberbozen wurde schon zu Hotel Holzner umbenannt. Eine Garnitur der Rittnerbahn, kommend von Klobenstein, ist Richtung Bozen abfahrtsbereit. Der auch heute noch Hotel Holzner genannte Beherberungsbetrieb, der als Hotel Maria Schnee geplant und als Hotel Oberbozen eröffnet wurde, hat den gehobenen Tourismus am westlichen Rittner Plateau eingeleitet. Das Hotel hat hinsichtlich Lage, Größe und Ausstattung Maßstäbe gesetzt, weswegen dessen Abbildungen zahlreich in die Welt hinaus geschickt wurden. Man erkennt auch das hell getünchte Stationsgebäude und ganz links das Dach des Warenlagers der Bahn. Die sichtbaren Verkehrswege sind mit den heutigen ident, freilich waren die Beläge naturnäher, mit allen Vor- und Nachteilen. Zu der Zeit überwog der ländlicher Chrakter des Rittens noch stark. Letzlich ist gerade durch die harte Gestaltung des Riehl-Platzes, wie dieses Areal jetzt zu Ehren des Erbauers der Rittnerbahn heißt, die Stadt nochmals näher herangerückt.
Abb. 2: “Hotel Holzner in Soprabolzano (m 1193) sul Renon verso Gruppo del Catinaccio (m 2981) ” (Ansichtskarte, Zwischenkriegszeit)
Die Ansichtskarte der Abbildung 2 wurde vom Hotel Hofer, wie das heutige Hotel Post heißt, aus gemacht. Das Gelände, wo der Bahnhof und das Hotel Oberbozen gebaut wurden, ist Teil der “Hoferbreiten” einer großen, leicht nach Süden abfallenden, auch heute noch hauptsächlich landwirtschaftlich genutzten Fläche. Der obere größere Teil ist im Besitz des Hoferbauern, der kleinere untere Teil gehört zum Doppelbauern.
Abb. 3: “Rittnerbahn. Hotel Oberbozen m. d. Dolomiten” (Ansichtskarte, Anfang 20. Jh.)
Die Abbildung 3 zeigt das Hotel Oberbozen und den Bahnhof aus einer selten dargestellten Perspektive, von St. Magdalena aus gesehen. Als Maria Schnee noch kaum verbaut war, kam die Lage des Nobelhotels noch besser zur Geltung. Beeindruckend die noch freien Flächen oberhalb des Bahnhofs. Ganz links ist der Doppelbauer abgebildet, rechts angrenzend das Hotel Hofer.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
J.F. Amonn. (Zwischenkriegszeit). Hotel Holzner in Soprabolzano (m 1193) sul Renon verso Gruppo del Catinaccio (m 2981) [Ansichtskarte]. Sammlung A. Kobler.
Rudolf Alfred Höger (1877 bis 1930) war ein österreichischer Genre- und Kriegsmaler. Dass er eine bestimmte Zeit am Ritten verbracht hat, bezeugen so um die zehn Landschaftsbilder von Lengmoos über Wolfsgruben bis Oberbozen, die als Ansichtskarten den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Den Ritten als Sujet muss er nach dem Bau der Rittnerbahn entdeckt haben, sind auf mehreren Exemplaren doch schon das Oberbozner Bahnhofsgebäude und das Hotel Oberbozen abgebildet. Es kann auch durchaus sein, dass er im Auftrag eines Ansichtskartenverlegers oder der örtlichen Tourismustreibenden gearbeitet hat.
Für einige Zeit war sein Aquarell von Maria Schnee die einzige Darstellung des Ortszentrums (Abb. 2) aus jener Zeit, in der das Gebäude Baumgartner-Prock noch nicht errichtet war. Doch inwieweit kann man Realität aus dem Werk eines Schaffenden ableiten, wenn er künstlerische Freiheit genießt? Beim Bildnis vom Kirchlein Maria Schnee (Abb. 3) wurde z.B. der Doppelbauer weggelassen, wahrscheinlich um den in der Abendsonne glühenden Rosengarten dahinter besser zur Geltung zu bringen. Dafür har er diesem bedeutendem Hof in Maria Schnee ein eigenes Bild (Abb. 1) gewidmet, wo m.E. alles Wesentliche abgebildet wurde. Der große Stadel mit der typischen Rittner Dachform, zudem noch strohgedeckt, hat ihm sicherlich imponiert. Und natürlich musste die den Hof über Jahrhunderte prägende große Lärche mit auf das Bild.
Abb. 3: “Maria Schnee mit Rosengarten – R.A. Höger” (Ansichtskarte, Anfang 20. Jh.)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Höger, R. A. (Anfang 20. Jh.). Maria Schnee mit dem Rosengarten – R.A. Höger [Ansichtskarte Gemälde]. Sammlung A. Kobler.
Ansichtskarten der Woche (7)
Category: Ansichtskarten der Woche,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Maria Schnee und der Latemar
Abb. 1: “Maria Schnee – Oberbozen gegen den Latemar (2864 m). Dolomiten. Tirol” (Kolorierte Ansichtskarte, Anfang 20. Jahrhundert).
Vor einer Woche habe ich Bilder vom Migler (Obermigler) gezeigt. Von dort aus, Richtung Südosten, wurde das Foto als Grundlage für diese kolorierte Ansichtskarte gemacht (Abb. 1). An Hand der ersichtlichen Bauwerke schätze ich, dass es in den ersten Jahren der Rittnerbahn entstanden ist. Man sieht nämlich von links nach rechts das Hotel Oberbozen/Holzner, ziemlich verdeckt die Villa Messmer (später vergrößert zu Villa Maria, Bergfink, Gloriette), die Bäckerei, den Rittnerhof, den Gebäudekomplex Baumgartner-Prock (noch unvollendet), das Haus Kofler (später Plankl). Hinter beiden letzteren kann man das helle Dach des Hotel Hofer (vormals Unterhofer, später Post) gerade noch erahnen. Das Maria-Schnee-Ensemble Kirche-Oberhofer-Wegerhaus-Kinselehaus ist hingen vollständig hinter den hohen Bäumen des Parks versteckt. Weiter rechts erkennt man an der Dachform wie immer sehr leicht die Villa Pattis (jetzt Pan) und darunter das Wohngebäude des Doppelbauern (später Hotel Viktoria).
Die Ansichtskarte der Abbildung 2 aus der gleichen Zeit habe ich dazugenommen, weil der Ausschnitt weiter ist. Deshalb kann man rechts von der Villa Pattis die Villa Pobitzer, jetzt Malinowski erkennen und am rechten Bildrand dann die beiden von Edmund v. Zallinger erbauten Gebäude in ihrem charakteristischen an Nord-Ost-Europa erinnerden Bauweise, jetzt im Eigentium der Familien Eccel bzw. Endrizzi. Die Bezeichnung “Südtirol” wurde schon vor der Teilung Tirols zu Werbezwecken verwendet und meinte damit auch das heutige Trentino.
Abb 2: “Maria Schnee – Oberbozen geg. den Latemar (2864 m). Dolomiten (Südtirol).” (Kolorierte Ansichtskarte, Anfang 20. Jahrhundert).
Wenige Jahre darauf ist das Bild ein klein wenig anders (Abb. 3): Ganz links ist nämlich das Dach des neu errichteten Hoferbauer-Stadels zu sehen. Wie schon berichtet, ist dieser Hof, der aus dem Zusammenschluss von Unter- und Oberhofer entstand, in den Zwanzigerjahre aus dem Zentrum von Maria Schnee ausgesiedelt. Zwischen ihm und dem schon bestehenden Bäckereigebäude ist die am Schlauchturm erkennbare Feuerwehrhalle entstanden.
In den 60er-Jahren hat sich, wie in Abbildung 4 ersichtlich ist, das Bild in Details geändert: Die Feuerwehrhalle hat ein Obergeschoss erhalten; es dient der örtlichen Musikkapelle als Probelokal. Der Hoferbauer-Stadel ist nach dem Brand mit einer leicht veränderter Dachform wieder aufgebaut worden. Rechts kann man den Eislaufplatz in seiner ersten Form erkennen.
Abb. 4: “Soprabolzano m. 1225 su Renon verso il Latemar – Dolomiti Oberbozen am Ritten gegen Latemar – Dolomiten” (Ansichtskarte, 60er-Jahre).
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
J.F. Amonn. (60er-Jahre). Soprabolzano m. 1225 su Renon verso il Latemar - Dolomiti Oberbozen am Ritten gegen Latemar - Dolomiten [Ansichtskarte]. Sammlung A. Kobler.
Der Fund des Jahres!
Category: Siedlungsgeschichte,Werkzeuge
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Diese Ansichtskarte (Abb. 1) konnte ich online zum Ausrufepreis ersteigern, niemand sonst aus Sammlerkreisen hat sich nach über einem Monat, wo sie ausgestellt war, dafür interessiert. Jetzt bin ich überglücklich, denn seit Beginn meiner Recherchen war da so ein großer, weißer Fleck in der bildlichen Darstellung der Siedlungsgeschichte von Maria Schnee.
Abb. 1: Das Zentrum von Maria Schnee in Oberbozen, dargestellt auf einer ungereisten Ansichtskarte aus dem Verlag J.F. Amonn, welche den Stempel “Hôtel Oberbozen am Ritten bei Bozen, Tirol, 1200 m. ü. d. M.” trägt.
Schon bald hatte ich bei den Nachforschungen zum Ortsteil Maria Schnee herausbekommen, dass der Unter- wie der Oberhofer ihre Stadel mitten im späteren Dorfzentrum hatten. Die Inhalte des Grundbuchs und die Mappen des Franziszeische Kataster (Abb. 2) bezeugten dies eindeutig.
Abb. 2: Ausschnitt aus der Franziszeischen Katastermappe von 1858. Die schwarzen Pfeile zeigen auf die Wirtschaftsgebäude der beiden Höfe. Zur Orientierung: Die blau gezeichnete Parzelle 3201 rechts oben stellt den bis in die 2000er Jahre existierenden Dorfweiher dar, der Wegeverlauf ist identisch zu heute und das dunkelrot dargestellte Gebäude ganz links ist die Maria-Schnee-Kirche.
Aber in all diesen Jahren habe ich im Netz – und ich schaue mir recht systematisch alle zum Verkauf stehenden Ansichtskarten und Fotografien zum Thema Ritten auf den verschiedenen Plattformen an – nie ein Ansicht vom Zentrum gefunden, wo der Zustand vor 1907 dargestellt wird. Immer nur ist der bis heute prägende, an dieser Stelle vom Oberbozner Grund- und Bauverein errichtete Gebäudekomplex (früher Baumgartner/Prock, heute Tutti Patschenggele/Weissensteiner) erkennbar (Abb. 3). Der Wunsch war groß, biidhaft einen vor gar nicht so langer Zeit vergangenen Zustand, der über mehrere Jahrhunderte herrschte, darstellen zu können.
Abb. 3: Der Dorfkern von Maria Schnee zeigt sich 1919 schon stark verändert (Fotografie). Der Stadel des Unterhofers ganz links sieht deshalb anders aus als in Abbildung 1, da er 1913 abgebrannt ist und in veränderter Form wieder aufgebaut wurde.
Eine erste Ahnung, wie der Ort vor oder noch kurz nach dem Bau der Bahn ausgesehen haben könnte, vermittelte mir eine von R.A. Höger gestaltete Ansichtskarte (Abb. 4), welche ich vor ungefähr einem Jahr gefunden habe. Der Blick ist gegen Osten gerichtet und in der rechten Bildhälfte kann man in der Ferne das typische rote und spitze Dach des Hotel Oberbozen/Holzner erkennen, links davon hingegen das graue Dach des Bahnhofsgebäudes, es war zu Beginn kleiner als heute. Beide Gebäude sind gemäß dem Blickwinkel etwas tiefer, d.h. der Maler hat sich bei dieser Perspektive so ungefähr zwischen dem heutigen Eishockeyplatz und dem Haus der Familie Plankl befunden. Daraus kann man schließen, dass das Haus links der Rittnerhof ist und rechts ein Teil des Oberhoferstadels sichtbar gemacht wurde. Besser als nichts aber trotzdem eine wenig zufriedenstellende Situation. Erstens, weil vom vermeintlichen Oberhoferstadel nur ein kleiner Teil dargestellt war und zweitens, weil wir nicht wussten, inwieweit der Maler seine künstlerische Freiheit in Anspruch genommen hat. Doch, wie wir jetzt, aber eben erst jetzt, wissen, das Foto der Abbildung 1 ist der Beweis dafür, hat er die örtlichen Gegebneheiten schon relativ realistisch wiedergegeben.
Abb. 4: Ansichtskarte mit einem Aquarell von Rudolf Alfred Höger (1877-1930). Der Genre- und Kriegsmaler aus Mähren hat mehrere Ansichtskarten mit Rittner Motiven gestaltet.
Vorher, nachher sind natürlich sehr anregende direkte Vergleiche, weshalb ich mit unzähligen Aufnahmen in der Lunwiese der letzten Wochen versucht habe, eine möglichst passende Aufnahme der heutigen Situation zu machen (Abb. 5). Es ist aber, besonders für einen Fotografie-Laien, nicht leicht, so eine Aufnahme wirklich gut nachzustellen. Dabei war das Zoom meiner Panasonic-Kompaktkamera natürlich sehr hilfreich, die am ehesten passendste Kombination Aufnahmestandort/Brennweite ausfindig zu machen. Und weil wir schon bei den technischen Aspekten angelangt sind: Rund um WordPress sind extrem viele nützliche Erweiterungen entwickelt worden. Die Grundfunktionen werden zumeist kostenlos angeboten, für die Pro-Versionen muss man – verständlicherweise – hingegen schon ordentlich was hinlegen; dann wäre es schon gut die betreffende Seite professionell zu betreiben. Für die obige Animation habe ich das Plugin „Ultimate Before After Image Slider & Gallery – BEAF“ in der Grundversion verwendet.
Abb. 5. Durch das Ziehen am Regler kann man das Rad der Geschichte, zumindest visuell, um über 110 Jahre zurückdrehen.
Gegenüber der Katastermappe ist der Oberhoferstadel auf dem Foto in den 50 Jahren dazwischen um einige Anbauten deutlich vergrößert worden. Verglichen mit heute war das Babsi-Gebäude noch kleiner und länglicher, die ehemalige Dependence des Hotel Post, links daneben, hat ihre Form behalten, war aber früher ein an den Seiten offenes Schupfe, könnte aber auch einmal die überdachte Kegelbahn des Gasthofs Unterhofer gewesen sein. Bis vor wenigen Jahrzehnten hatte nämlich fast jeder Land- und Bergasthof eine solche. Der Unterhoferstadel ganz links hat zuerst dem Musikpavillon Platz gemacht, später hat sich die Vegetation des Hotel-Post-Parkes sich den Platz zurückgeholt. An den Teich kann ich mich selbst gut erinnern, um Mitte der 2000er Jahre wurde er leider zugeschüttet.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Höger, R. A. (Anfang 20. Jh.). Aus Ober-Bozen – R.A. Höger [Ansichtskarte Gemälde]. Sammlung A. Kobler.
Ansichtskarten der Woche (3)
Category: Ansichtskarten der Woche,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Maria Schnee und der Rosengarten
Abb 1: “Ritten, Tirol: Oberbozen – Maria Schnee mit dem Rosengarten”, Ansichtskarte, Anfang 20. Jahrhundert.
Maria Schnee vom Westen her, dort wo heute das Malinovskihaus steht, fotografiert, auch damit die fotogene Rosengartengruppe mit auf die Glasplatte gebannt wird. Ganz links erkennt man den Gartenpavillon im Wegerpark, nach rechts zunächst die Kirche Maria Schnee, die Villa Kinsele, das Wohngebäude des Unterhofers (später Hotel Hofer, Hotel Friedl und zuletzt Hotel Post) und ganz zum Schluss jenes des Doppelbauern (zuletzt Hotel Viktoria) mit einen kleinen Teil des Stadeldaches. Auf seiner Nordseite steht eine mächtige Lärche, welche sogar in der Literatur Hans v. Hoffensthals Eingang gefunden hat: “… zunächst den paar Häusern von Maria Schnee, Luisl’s Vaterhaus, neben dem die kleine Kirche hockte, die Höfe vom Doppelbauer und vom Hofer, dieser mit ein paar zausigen Albern, jener mit einer alten Lärche, jeder aber mit einer von moosigem Stroh bedachten Scheune. …”
Eine sehr frühe Aufnahme, mindestens ein Jahrzehnt vor der Eröffnung der Rittnerbahn, als die Welt in Oberbozen laut obigen Autor noch in Ordnung war. Als Basis meiner Zeiteinschätzung dient die Beobachtung, dass unser Haus noch nicht den Außenkamin aufweist, der notwendig wurde, als Franz Kinsele Ende der 1890er Jahre einen Kachelofen in der hinteren Kammer einbauen ließ. Ein weiteres Indiz für die vortouristische Zeit ist das weitgehende Fehlen von Zäunen. Die mit dem Bahnbau einsetzende Parzellierung der Grundstücke für den Bau der Villen hat noch nicht stattgefunden, in Maria Schnee sind die Grundstücke noch fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt und auf den Unterhofer, den Oberhofer und dem Doppelbauer aufgeteilt. Auf der rechten Hälfte ist eine Acker sichtbar; im Mittelgebirge dominierte nämlich im Gegensatz zu heute der Getreideanbau, das Landschaftsbild war entsprechend vielfältiger. Vergrößert man das Bild, so erkennt man vor dem Kirchlein das große, noch frei stehende Wegkreuz und einen Weg, den Beginn des heutigen Sommerfrischweges Richtung St. Magdalena und Maria Himmelfahrt.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Wie ich bereits in einem früheren Beitrag angedeutet habe, hat die Erschließung des Rittner Hochplateaus durch die Zahnradbahn große bauliche Veränderungen ausgelöst. Sie wären noch viel tiefgreifender gewesen, wenn nicht der Erste Weltkrieg und seine politischen Folgen den Bautätigkeiten eine unerwartete Unterbrechung, die fast bis zur Fertigstellung der Straße im Jahre 1971 dauerte, beschert hätten.
Um das Gebiet vor allem um Maria Schnee und Klobenstein baulich zu erschließen, wurde in Bozen noch während des Bahnbaues der “Oberbozner Grund- und Bauverein” als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet (Abb.1). Für den heutigen Leser besonders interessant: Einige Mitgesellschafter waren gleichzeitig Bozner Kommunalpolitiker, allen voran Bürgermeister Julius Perathoner, die den Bahnbau voller Überzeugung politisch forcierten. Heute wäre eine solche Konstellation völlig unmöglich, die Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen zu vordergründig. In den Zeitungen, auch in jenen, die das Wirken des freiheitlichen Bürgermeisters kritisch verfolgten, wurde dies aber nicht thematisiert. Ob nun die Gesellschaft gegründet wurde, um die Bebauung nicht nach dem Gutdünken einzelner Bauherren, sondern gemäß raumplanerisch sinnvollen Grundsätzen durchzuführen, oder ob doch wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen, oder ob es sich gar um den glücklichen Fall einer Win-Win-Situation handelte, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen. Sicher ist aber, dass die Bedeutung dieser Gesellschaft für den Ritten noch nicht historisch aufgearbeitet wurde und auch ihre nicht realisierten Pläne, soweit sie noch vorhanden sind, harren noch der Entdeckung. Fest steht auch – das Grundbuch spricht eine eindeutige Sprache – dass der Oberbozner Grund- und Bauverein als unangefochtener Platzhirsch auftrat. Einzig Edmund Zallinger, Grieser Kurdirektor und auch wie die vorigen genannten eifriger Bahnpromotor, war immobilienmäßig in Oberbozen tätig, aber auf einer kleineren Fläche zwischen St. Magdalena und Maria Schnee.
Abb. 1: Bozner Nachrichten vom 20. Dezember 1906.
Mit dem Erwerb der flächen- und gebäudemäßig gut ausgestatteten Bauernhöfe Ober- und Unterhofer hatte sich die Gesellschaft die Filetstücke in und um Maria Schnees gesichert. So wurde der Bahnhof Oberbozen am oberen Rand der Hoferbreiten errichtet, genauso das gleichnamige Hotel. Zum besseren Verständnis sei angefügt, dass der Unterhofer schon damals oft einfach nur mehr Hofer genannt wurde; diese Ungenauigkeit auch im schriftlichen Verkehr hat mir übrigens anfangs die Recherchen sehr erschwert. Um das Beherbergungsangebot in Oberbozen weiter zu verbessern, wurde das Wohnhaus des Unterhofers nun ganz zum Gasthof umgebaut und ein Pächter dafür gesucht (Abb. 2).
Abb.2: Die Annonce in der Bozner Zeitung vom 14. Februar 1907 zeigt uns heute, was einen Gastbetrieb damals attraktiv machte.
Die Umtriebigkeit der Gesellschafter wurde auch medial gewürdigt, wie entsprenchede Zeitungsmeldungen bezeugen (Abb. 3). Mit Davos und St. Moritz als Vorbilder hatte man tatsächlich Großes vor. Während man mit Hans Holzner als anfänglich Pächter, später Eigentümer des Hotel Oberbozen eine kontinuierliche Periode in der Rittner Tourismusgeschichte einläutete – die Familie führt inzwischen den vorbildlich geführten Betrieb in der vierten Generation – , war die Geschichte des heutigen Hotel Post weniger linear.
Abb. 3: Ausschnitt aus einem Bericht in der Bozner Zeitung über die Fortschritte beim Bau der Rittnerbahn vom 16. Februar 1907.
Wie schon beim Hotel Oberbozen 1911 verkaufte die Eigentümergesellschaft auch beim Gasthof Hofer nach einigen Jahren die Liegenschaft an den Pächter und auch hier erhielt der Betrieb den Namen desselben. Die Familie Friedl führte das Hotel bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Danach übernahm der Hoteldirektor Karl (Carletto) Lang den Betrieb, der in der Folge die bis heute gültige Bezeichnung Hotel Post erhielt. Ausschlaggebend für die Namensänderung dürfte das zwischenzeitlich im Hotel untergebrachte Postamt gewesen sein. Eine Poststation, wie der unbedarfte Gast meinen könnte, hat es hier aber nie gegeben, schon deshalb nicht, weil der Ort an keiner Durchzugsstraße lag.
Abb. 4: Vom Gasthof Hofer (siehe Abb. 5 im vorigen Beitrag) zum Hotel Friedl. Jetzt ist vom vorigen Bauernhof kaum mehr was zu erkennen, eine großzügige Veranda und viele Balkone prägen die Südseite, im Norden ist ein turmartiger Zubau entstanden, die spätere Dependance rechts ist aber noch Wirtschaftsgebäude. Auf Grund der ausschleißlich italienischsprachigen Beschriftung ist die Ansichtskarte der Zwischenkriegszeit zuzuordnen (Ansichtskarte Sammlung Kobler).
Um dem wachsenden Maria Schnee auch eine dörfliche Struktur zu geben, wurden in der Nähe der Kirche zwei Wohnhäuser mit Geschäftslokalen im Erdgeschoss errichtet, welche aneinandergebaut waren und somit den Beginn eines sich weiterzuentwickelnden Straßenzuges ergaben. Heute ist darin das “Tutti Patschenggele” und der “Weissensteiner” untergracht. Dafür musste aber der Stadel des Oberhofers mit seinen Nebengebäuden weichen.
Und wie ging es mit den beiden Höfen weiter? Trotz dass einiges davon verbaut wurde ist durch die Zusammenlegung der Flächen ein bemerkenswert großer Betrieb entstanden. Der Hofer, so sein Name jetzt, wurde gleich nach dem Erwerb 1907 an den Mittelberger Karl Ramoser, einem Schartnerhofsohn und Viehhändler, verpachtet.
Abb. 5: Der Nachruf über Karl Ramoser sen., erschienen in den Dolomiten vom 4. Dezember 1961.
Die Bauersleute nutzten die beiden übriggebliebenen Gebäude, d.h. sie wohnten im alten Oberhofergebäude und als Stadel wurde jener des ehemaligen Unterhofers verwendet. Nachdem das Ende des Ersten Weltkrieges der wirtschaftlichen Expansion ein jähes Ende gesetzt hatte und eine weitere Entwicklung des Fremdenverkehrs nicht absehbar war, verkaufte der Oberbozner Grund- und Bodenverein 1920 den gesamten Hof an Karl Ramoser. Dieser errichtete in den 1930er Jahren oberhalb der Bäckerei Hackhofer ein großzügiges Bauernhaus und siedelte sich dort an.
Abb. 6: Ganz rechts der in den 30er Jahren neu erbaute Hofer, das Bild dürfte vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden sein. Zu sehen ist noch der erste Stadel, der 1966 ein Raub der Flammen wurde (Ansichtskarte Sammlung Kobler).
Das alte Oberhofergebäude wurde später aufgestockt und zu einem Wohnhaus mit Mietwohnungen, der Villa Barbara, umgebaut. Zeitweise war im Parterre sogar die Tapeziererwerkstatt Prast untergebracht. Das benachbarte kleinere Wirtschaftsgebäude, heute zum Gasthaus Babsi erweitert, beherbergte neben einer kleinen Wohnung im Erdgeschoss zeitweise die erste Filiale der örtlichen Raiffeisenkasse.
Abb. 7: Villa Kinsele (links) und Villa Barbara (auf dem Foto leider teilweise von unserer Linde verdeckt) von Süden in den 50er Jahren. Nichts erinnert mehr an das frühere Oberhoferhaus (Foto Sammlung Kobler).Abb. 8: Die Ostseite der Villa Barbara – die Inschrift unter der Loggia ist noch erkennbar – und rechts ein Teil des Wegerhauses, 1985. Das Nebengebäude (Abb. 9) ist bereits abgerissen, das Gasthaus Babsi entsteht (Foto Sammlung Kobler).Abb. 9: Nordseite des Nebengebäudes des ehemaligen Oberhofers, Anfang der 80er Jahre. Der schwer zu findende Eingang zur ebenerdigen Raiffeisenkasse befand sich auf der Ostseite, man musste links durch den schmalen Durchgang zwischen dem Gebäude und der Dependance des Hotels Post gehen. Die Wohnung im ersten Stock wurde vermietet.
Der große Unterhoferstadel brannte 1902 und 1913 durch Blitzschlag ab, wurde aber jedes Mal wieder aufgebaut. Schließlich fiel er nach der Aussiedlung des Hofers der Spitzhacke zum Opfer. An seiner ehemaligen Nordseite stand dann jahrzehntelang der hölzerne Pavillon der Musikkapelle Oberbozen, zuerst ohne, dann mit teilweiser Überdachung. Auch der neue Hoferstadel brannte übrigens schon einmal ab, und zwar 1966, wobei die Brandursache laut Zeitungsbericht diesmal nicht festgestellt werden konnte.
Abb. 10: Das im Zuge der baulichen Entwicklung in Maria Schnee entstandene kleine Handelszentrum: die ehemals als Metzgerei, Gemischtwarenhandlung und Pension genutzten Gebäude Baumgartner-Prock. Vorne links der erste, noch nicht überdachte Musikpavillon mit den fixen Notenpulten, welcher dort errichtet wurde, wo früher der Unterhoferstadel nordseits an den Weg grenzte (Ansichtskarte, vermutlich 1950er Jahre. Auch dieses Mal ein krasser Vedutenschwindel, die im Hintergrund dargestellten Dolomiten liegen tatsächlich im Rücken des Betrachters).
Von nun an erinnerte im Zentrum von Maria Schnee nichts mehr an die vergangene bäuerliche Tätigkeit, der Wandel von ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Gebäuden zu Handel, Dienstleistung und Tourismus war vollzogen.
(Schluss)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Foto Fränzl. (Zwischenkriegszeit). OBERBOZEN am RITTEN bei Bozen – 3330a SOPRABOLZANO m. 1220 sul RENON VILLA LAURIN [Ansichtskarte]. Sammlung A. Kobler.
Oberhofer, Unterhofer, Doppelbauer (1)
Category: Nachbarschaft,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Unter Blinden ist der Einäugige König
Als ich vor nunmehr vier Jahren mit meinen hobbymäßigen Nachforschungen begann, hoffte ich sehr, auf die Aussagen älterer, besser informierter Personen zurückgreifen zu können. Für die Geschichte des Weilers Maria Schnee haben sich mir aber bisher leider keine wertvollen Gewährsleute zur Verfügung gestellt. Die von mir vorgestellten bisherigen Ergebnisse sind daher im Wesentlichen nur das Ergebnis von Recherchen in den digitalisierten Zeitungs- und Bucharchiven der Tessmann-Bibliothek sowie in den Sammlungen historischer Fotos und Ansichtskarten und natürlich im Kataster- und Grundbuch. In Gesprächen mit Einheimischen äußerten diese oft ihr Erstaunen ob meiner sicherlich nicht herausragenden Erkenntnisse, während mich ihr geringes Interesse an der Ortsgeschichte ebenso verblüffte wie enttäuschte. Wie so oft gilt auch hier: „Unter Blinden ist der Einäugige König“.
Abb. 1: Die drei zentralen Höfe des Weilers Maria Schnee um 1858 (Geobrowser Südtirol, Franziszeischer Kataster 1858, übermalt durch den Autor).
Es ist durchaus plausibel, dass das Mittelgebirge des Rittner Berges schon früh landwirtschaftlich besiedelt war, eignen sich doch die relativ flachen Hänge und die klimatisch günstige Höhenlage sehr gut für den Anbau verschiedener landwirtschaftlicher Kulturen. Insofern dürften auch die drei – ich nenne sie vorerst so – „Urhöfe“ rund um die spätere Maria-Schnee-Kirche schon lange vor der Errichtung der beiden Sommerfrischehäuser bestanden haben. Wie aber sahen diese drei Höfe mit den zum Teil vergessenen Namen (ich berichtete hier zum ersten Mal darüber) früher aus? Der Franziszeische Kataster von 1858, eine überaus wertvolle Quelle, ergänzt durch das Grundbuch von 1908, zeigt uns den Zustand vor den großen Umwälzungen durch den Zahnradbahnbau (Abb. 1).
Wie in Abb. 1 zu sehen ist, war die heutige Villa Barbara das Wohnhaus des Oberhofers, sein Stall/Stadel befand sich etwa dort, wo heute die Familie Holzner ihr „Patschengele“ betreibt. Leider habe ich bis heute kein bildliches Dokument von ihm gefunden. Das heutige Gasthaus „Babsi“ war hingegen ein zweites, damals etwas kleineres Wirtschaftsgebäude desselben Hofes.
Abb. 2: Rechts ein Teil des Oberhofer-Wohngebäudes. Das rustikale Erscheinungsbild des Bauernhauses im Vergleich zur herrschaftlichen Sommerresidenz wird besonders durch die Dacheindeckung und den Bretterzaun deutlich. (Gugler, Fotografie um 1900). Klicken Sie wie immer auf das Bild, um die Ansicht zu vergrößern.
Abb. 3: In der Mitte der Oberhoferbau mit seinem charakteristischen, dominanten Walmdach, links davon, von den Bäumen ziemlich verdeckt, die Villa Kinsele. Ganz links das Hotel Viktoria (Doppelbauer), ganz rechts das Hotel Post (Unterhofer). Ausschnitt einer Postkarte aus der Zwischenkriegszeit.Abb 4: Die Firsthöhe des Oberhofer-Wohngebäudes entsprach jener der Wegerschen Sommerbehausung, welche bis heute sich so darstellt wie auf dieser Vergrößerung einer Postkarte aus der Zwischenkriegszeit.
Die Bauersleute des Unterhofers hingegen bewohnten den Gebäudekern des heutigen Hotels Post. Auch ohne die Anbauten Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts ein stattliches Gebäude. Der große Stall ist allerdings verschwunden, an seiner Stelle steht inzwischen der hölzerne Musikpavillon, die älteren Semester unter uns werden sich noch daran erinnern. Heute dient das Gelände als kleiner Park für die Gäste des Hotels Post. Das ehemalige hölzerne Nebengebäude, das heute zum Bistro Babsi gehört, ist auf den ältesten Fotos als kleines Wirtschaftsgebäude des Hofes zu erkennen.
Abb. 5: Der Unterhofer, inzwischen als “Gasthof Hofer”auch Gastwirtschaft geworden (rechts) in der frühesten mir vorliegenden Abbildung vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die Bahntrasse darunter gut erkennbar. Das massive Wohngebäude wurde gerade zum Gasthof (Hotel Hofer) umgebaut, erkennbar an der ersten Veranda nach Süden und den zahlreichen Dachgauben. Links das Wohnhaus und der Stadel des Doppelbauern.Abb. 6: Ganz links im Vordergrund der heute verschwundene Stadel des Unterhofers und das Wohnhaus, das heutige Hotel Post. Gut erkennbar das Prockhaus und in der Mitte und rechts der Rittnerhof in seiner ursprünglichen Form. Im Vordergrund der leider zugeschüttete Dorfteich.Abb. 7: Der Unterhoferstadel in einer Luftaufnahme von 1907. Dass er hier anders aussieht als in Abbildung 6 kann daher rühren, dass er in der Zwischenzeit abgebrannt und wieder aufgebaut wurde.
Am wenigsten hat sich der Doppelbauer verändert. Zwar erfuhr das Wohngebäude immer wieder Erweiterungen und Adaptierungen, letztlich zum Hotel Viktoria, er ist aber bis heute im Wesentlich en ein Bauernhof mit Gastbetrieb geblieben (Abb. 8 bis 10).
Abb. 8: Von vorne nach hinten: Stadel, Neben- und Wohngebäude des Doppelbauernhofes um die vorletzte Jahrhundertwende (Foto, Sammlung Kinsele-Kobler).Abb. 9: Das Wohnhaus des Doppelbauern von Südwesten. Gut zu erkennen ist die mächtige Lärche, die lange Zeit das Ortsbild prägte und auch in die Literatur Eingang gefunden hat. Das Kellergeschirr im Vordergrund deutet darauf hin, dass auch hier, oberhalb der Weinbauzone, Wein gekeltert wurde, vermutlich für die Gäste des Hauses. Es gibt Hinweise darauf, dass der Doppelbauer der erste Gasthof in Maria Schnee war (Foto, Sammlung Kinsele-Kobler).Abb.10: Von links nach rechts: Kirche Maria Schnee, Villa Kinsele, Unterhofer (etwas verdeckt), Doppelbauer (Ansichtskarte um 1900).
Um zu zeigen, auf Kosten welcher Gründe die Entwicklung vom bäuerlichen Maria Schnee zum heutigen suburbanen Oberbozen stattgefunden hat, habe ich in der Abb. 10 auf der Ortofotokarte von 2023 die Grenzen der Höfe, Stand um 1900, eingezeichnet. Es ist leicht zu erkennen, dass der Doppelbauer von der baulichen Expansion kaum betroffen war, der Oberhofer hingegen massiv. Auch die beiden Wiesen rund um unsere Villa Kinsele gehörten früher zum Oberhofer.
Abb. 10: Die Aufteilung der verschiedenen Grundstücke von Maria Schnee auf die drei Höfe Oberhofer (rote Umrisse), Unterhofer (grün) und Doppelbauer (schwarz) vor dem Bahnbau. Grafische Grundlage ist der Franziszeische Grundkataster, die Umrisse wurden auf Basis der Katastralmappe 1908 erstellt.
(Fortsetzung folgt)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Wahrsch. Robert oder Eleonore Kinsele. (Anfang 20. Jhdt.). Stadel und Wohnhaus des Doppelbauer von Südwesten gesehen. [Fotografie]. Sammlung A. Kobler.
Anonym. (Anfang 20. Jh.). Ritten, Tirol: Oberbozen – Maria Schnee mit dem Rosengarten [Ansichtskarte]. Sammlung A. Kobler.
Die Bahn war schuld (2)
Category: Menschen,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
… oder war es doch der Wille der Sommerfrischgesellschaft?
Zu der verkehrsmäßigen Erschließung des Rittner Hochplateus hatten die Bozner Sommerfrischler immer ein gespaltenes Verhältnis. Die Zahnradbahn zuerst, die Seilbahn danach und zuletzt die vollständige Anbindung an das Straßennetz wurden und werden natürlich auch von ihnen in den Sommermonaten genutzt – deshalb auch die Würdigung eines wesentlichen Förderers aus ihren Reihen durch die Schützenscheibe (Abb. 1) . Man wollte aber gleichzeitig weiterhin größtenteils nur unter sich bleiben; Oberbozen sollte ein ruhiges Rückzugsgebiet der dortigen Hausbesitzer bleiben, kein Ort für Touristen oder Zuzügler.
Abb1: Scheibe des Oberbozner Schießstandes: Nr. 111, Jubiläumsfest des Edmund von Zallinger-Thurn 1913. “…der Wasserleitung, Eisenbahn in’s Leben rief: Ein Hoch dem Mann!” (Braitenberg et al. 1994)
Hans von Hoffensthal, hat mit seinem – ich kann es nicht oft genug wiederholen – wunderbar melancholischen Essay “Abschied von Oberbozen” 1907 dieser Haltung ein hervorstechendes Denkmal gesetzt. Ganz so schlimm, wie es der Bozner Dichter voraussah, ist es dann, zumindest was die alte Sommerfrischesiedlung angeht, zum Glück doch nicht gekommen, die Bozner wussten sich zu wehren. Man kann diese Haltung natürlich als opportunistisch, gar als Ausdruck von Snobbismus interpretieren, aber auf diese Weise ist uns allen ein einzigartiges Ensemble mit hohem kulturellen Wert erhalten geblieben.
Anders als, um in der Nähe zu bleiben, Lengmoos und Klobenstein. Dem geübten Blick entgehen dort nicht die größtenteils sogar älteren Sommerfrischbehausungen. Sie sind aber in der Zwischenzeit von anderen Gebäuden umzingelt und in der dörflichen Siedlungsstruktur des Rittner Hauptortes aufgegangen.
Als es in den ersten Jahren nach 1900 darum ging, die “Trace”, wie man damals schrieb, konkret zu planen, galt es natürlich auch,die topografischen Gegebenheiten des Bergrückens und die technischen Möglichkeiten berücksichtigend, zu entscheiden, welche Ortsteile von der Bahn unmittelbar erschlossen werden sollten. Nachdem der erste Trassenverlauf, der über Unterinn und Klobenstein sogar das Rittnerhorn erreichen sollte, verworfen wurde, sollte die Bahn über den Rebhügel von St. Magdalena und ober der Rivelaunschlucht Oberbozen anfahren und dann bis Klobenstein weitergeführt werden. Doch wo und wie intensiv sollte Oberbozen von der neuen Infrastruktur berührt werden? 1904 hat das Aktions-Komitee zur Förderung des Rittnerbahn-Baus eine üppige Broschüre mit viel Text und schönen Illustrationen drucken lassen; aber wo genau die Haltestellen an der Strecke geplant waren, konnten oder wollten die Macher nicht einzeichnen (Abb. 2).
Abb. 2: Schematischer Trassenverlauf der geplanten Rittner Zahnradbahn (Aktions-Komitee 1904)
Nicht die gesamte Sommerfrischegesellschaft stand der Erschließung negativ gegenüber. Laut Demar (2007) forderten während den Bauverhandlungen Alois v. Mackozitz und Anton von Walther auch im Namen von anderen Oberbozner Hausbesitzern eine Haltestelle in erreichbarer Nähe. Schlussendlich endete die Zahnstange, wo also die Schublok ab- und angekuppelt wurde, zwischen Maria Himmelfahrt und St. Magdalena, etwas unterhalb der Häusergruppen. Passagiere konnten dort zwar aus- und einsteigen, die Struktur wurde aber bewusst klein gehalten. Auch wenn sie gleistechnisch 1909 erweitert wurde, ihr Name blieb “Haltestelle Himmelfahrt”, nicht Bahnhof!
In Maria Schnee, auf der Hoferbreiten, entstand dann der erste komplett ausgestattete Bahnhof der Strecke nach Bozen, mit gemauertem Gebäude, großzügiger Passagieraufnahme, Warteraum und auch einer Verladerampe samt Schuppen für Güter. Es war also geplant, dass in diesem, bis zu diesem Zeitpunkt kleinsten Ortsteil Oberbozen Größeres entstehen sollte. Es begann damit, dass in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof von der Rittnerbahngesellschaft das luxeriöse “Hotel Maria Schnee” erbaut wurde. Der Bahnhof bekam hingegen von Anfang an, klar auch an den Fahrplänen erkennbar (Abb.3), den Namen Oberbozen.
Abb. 3: aus “Der Tiroler” 1907.
Hinsichtlich der Logik nicht nachvollziehbar, aber angesichts der angestrebten touristischen und baulichen Entwicklung in diesem Ortsteil – man kann durchaus von einer Goldgräberstimmung sprechen (Abb. 4) – , versprach der Name Oberbozen mehr Ausstrahlung und damit Attraktivität. Gleichzeitig wurde die Aufmerksamkeit der Touristen vermehrt auf diesen östlichen Teil Oberbozens gelenkt, was den ruhesuchenden historischen Sommerfrischlern, die ja hauptsächlich in Maria Himmelfahrt und St. Magdalena ihre Häuser hatten, nur Recht sein konnte.
Abb. 4: aus Wolf (1907). “… 200 Landhäuser…”!
Das Hotel selbst, zuerst verpachtet, dann verkauft, wurde nach kürzester Zeit in Hotel Oberbozen umbenannt. In den zwanziger Jahren bekam es dann den noch heute gültigen Namen der zuerst Pächter- dann Eigentümerfamilie Holzner. Diesem ersten Bauboom wurde durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges ein jähes Ende bereitet. In knapp zehn Jahren war die Gegend um das Kirchlein Maria Schnee mit hauptsächlich Villen und Beherbergungsbetrieben nicht nur zur größten Siedlung Oberbozens angewachsen, sondern war erstmals auch mit dörflichen Strukturen wie einer Bäckerei, einer Metzgerei und Geschäften ausgestattet (Abb. 5).
Abb. 5: Maria Schnee in den ersten Jahren nach der Eröffnung der Rittnerbahn. Rechts im Vordergrund das heutige Hotel Holzner, das noch ursprüngliche Bahnhofsgebäude mit dem Warenmagazin, wo heute die Remise steht. Zwölf der neunzehn im Vordergrund sichtbaren Gebäude sind zur Zeit des Bahnbaues entstanden (Postkarte Sammlung Kobler).
Nachdem die Bahn damals eine Monopolstellung für den Transport von Menschen sowie Waren hatte und demzufolge sich auch die Benennung der Bahnstationen bewusstseinsbildend auf die Menschen auswirkte, begann man immer öfter den Ortsteil, welchen man seit zweihundert Jahre Maria Schnee geheißen hat, als Oberbozen zu bezeichnen. Der Name, der ursprünglich für den ganzen westlichen Teil des Rittner Plateaus gegolten hatte, wurde umgangssprachlich jetzt also auf einen von der Ausdehnung her kleineren, aber hinsichtlich der Bedeutung immer wichtiger werdenden Teil reduziert. Die westlicher gelegenen, mehr oder weniger unverändert gebliebenen Siedlungsplätze Sankt Magdalena und Maria Himmelfahrt wurden hingegen von der Bevölkerung zunehmend unter letzerem Namen zusammengefasst. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen findet man noch althergebrachte Erwähnungen (Abb. 6), aber danach wird nur mehr zwischen Himmelfahrt – auf das Maria wird im täglichen Sprachgebrauch verzichtet – und Oberbozen unterschieden (Abb. 7).
Abb. 6: aus “Alpenländerbote”, 1933.Abb. 7: aus “Dolomiten”, 1950. Begräbnis von Peter Gostner und Josef Zwerger.
Um auf die Frage im Titel zu kommen: Das Aktionskomitee der Rittnerbahn und der Oberbozner Grund- und Bauverein – die großen “Player” bei der baulichen Entwicklung Oberbozens – ignorierten sicherlich nicht die Bedenken und Wünsche der historischen Sommerfrischlerfamilien. Edmund von Zallinger und Wilhelm von Walther bei der Rittner Bahn (Abb. 8) sowie Anton Kinsele und Anton von Walther in der Immobiliengesellschaft waren alle Mitglieder der Oberbozner Schützengesellschaft. Mit der Verlagerung der baulichen Entwicklung nach Maria Schnee/Oberbozen wurden zwei Ziele erreicht: Maria Himmelfahrt und St. Magdalena blieben mehr oder weniger ursprünglich und die Immobilienmakler konnten sich auf Maria Schnee und Umgebung konzentrieren, wo sie sich in der Grundstücksentwicklung aufgrund der einfacheren Eigentumsverhältnisse sowieso leichter taten.
Abb. 8: Die Mitglieder des Aktions-Komitees der Rittner Bahn (Aktions-Komitee 1904).
Heute erinnern sich kaum noch Leute, auch nicht Einheimische, an die alte Dreiteilung Oberbozens. Man muss oft schon von Glück reden, wenn das Kirchlein Maria Schnee selbst als solches beim Namen erkannt wird, schon schade… Schlussendlich ist diese Geschichte ein gutes Beispiel für ein universales Prinzip: die normative Kraft des Faktischen.
(Schluss)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Braitenberg, C. von, Andergassen, L., Walther, F. von, Kofler, O., & Braitenberg, C. von. (1994). Die Schützenscheiben von Oberbozen: Symbole eines ritterlichen Exercitiums (Völlig umgearbeitete und ums Doppelte erw. Neuaufl.). Edition Raetia.
Anonym. (1950, August 30). Abschied von zwei Oberboznern. Dolomiten, 6.
Die Bahn war schuld (1)
Category: Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
… oder war es doch der Wille der Sommerfrischgesellschaft?
Mit dem Aufkommen des Interesses am westlichen Ausläufer des Rittnerberges durch die Bozner Patrizier – zuerst durch den Sandsteinabbau, danach durch die Möglichkeit des sommerlichen Aufenthalts – wurde dieser in der Folge Oberbozen (auch Oberbotzen, Oberpozen) genannt. Vorher bildeteten die verstreut liegenden Bauernhöfe der Gegend die St.-Jakob-Malgrei. Die namensgebende, den Heiligen Georg und Jakob geweihte, gotische Kirche auf dem schon in der Vorzeit besiedelten Hügel war lange Zeit das einzige Gotteshaus der Gegend.
“… das 4. [Viertel] ist Ober Pozen, ein sehr schons, lustiges ort von ebne wisn und larchenen Woltung; die kirh da rast bey San Jörgen; “ (Wolkenstein v. M.S., 1600)
Im Zuge der Besiedelung durch die Sommerfrischlerfamilien ab 1609, als Balthasar Heisserer am Karlerhof das erste Hitzerefugium errichten ließ, wurden von diesen auch vier Kirchen in unmittelbarer Nähe der Behausungen errichtet. Es sind dies von Westen nach Osten: Maria Einsiedeln (privat), Maria Himmelfahrt (die größte, öffentlich), Maria Magdalena (privat) und Maria Schnee (früher privat, jetzt öffentlich). Um die neu erbauten Häuser zu verorten, wurden die Namen der drei letztgenannten Kirchen verwendet. Am meisten Villen entstanden rund um die spätere Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, etwas weniger in St.Magdalena und gar nur zwei im Ortsteil Maria Schnee.
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Abb. 1 bis 5: die historischen Kirchen Oberbozens (aus Rampl 2007).
Die Einteilung hat sich offensichtlich bewährt, wurde sie doch in den jeweiligen Landesbeschreibungen (Abb. 6) und mit dem Aufkeimen eines zaghaften Tourismus auch in den allmählich erscheinenden Fremdenführern (Abb. 7 und 8) verwendet.
Abb.6: aus Staffler 1846. Sollten in der Aufzählung ganze Höfe als Häuser gegolten haben, dann müssten laut dem franziszeischen Katastermappen von 1858 neben den beiden genannten Sommerfrischhäusern der Ober- und Unterhofer, der Doppelbauer, das Gebäude des jetzigen Rittnerhofs und der alte Ziegelstadl, jetzt Riz-Villa, gemeint sein.Abb. 7: aus Lewald A. 1838.Abb. 8: aus Wolf. 1909.
Bemerkenswerte Ergebnisse hat die Recherche im historischen Teil des Grundbuches zu Tage gebracht. Und zwar werden für den westlichen Ausläufer des Rittner Mittelgebirges nur zwei Flurnamen verwendet: Oberbozen und Maria Schnee. Zwischen 1907 und 1910, als das Grundbuch in der heute bekannten Form angelegt worden ist, gab es schon, wenn auch nur seit kurzem, die Rittnerbahn. Besonders der parallel dazu entstandene Oberbozner Grund- und Bauverein (dessen Tätigkeit wird in Zukunft ein eigener Beitrag gewidmet), hatte schon in diesen ersten Jahren des Umbruchs die bauliche Entwicklung des Ortes in beträchlichem Ausmaß vorangetrieben; vom Ortsteil mit den wenigsten Behausungen sollte er bald der an Anzahl bedeutendste werden.
Abb. 6: ausgewählte Ausschnitte aus dem historischen Teil des Grundbuchs Ritten I, 1909. Abgebildet ist jeweils das A1-Blatt, weil es u.a. die Benennung des Riedes (Ortsteil, Lage) enthält.
Alle anderen den Grundbuchskörper bildenden Parzellen der Gegend wurden mit der Verortung Oberbozen eingetragen, seien es die im Westen wie die im Osten von Maria Schnee gelegenen, z.B. steht bei allen Häusern in Maria Himmelfahrt und Sankt Magdalena aber auch bei den Höfen Wieser, Köck und Geyrer Oberbozen in der Spalte Benennung des Riedes. Die Abbildung 7 veranschaulicht zum besseren Verständnis auf der heutigen Orthophotokarte die ungefähre Abgrenzung der Bezeichnungen.
Abb. 7: Aus dem Geobrowser, Auschnitt Oberbozen, 2023. Der rote Rahmen begrenzt in groben Zügen alle jene Grund- und Bauparzellen, bei denen als Ried “Maria Schnee” angegeben wurde.
Ich kann mir diese Eigentümlichkeit damit erklären, dass schon in den Jahren rund um die Errichtung der Rittnerbahn geplant war, – die Rolle des Oberbozner Grund- und Bauvereins ist auch diesbezüglich deutlich sichtbar – die Gegend um Maria Schnee als zukünftiges Zentrum der baulichen Entwicklung schlussendlich auch namentlich hervorzuheben. Doch gekommen ist es dann doch ganz anders…
Abb. 8: Die Trasse der Rittnerbahn ist noch nicht ersichtlich, weswegen diese Ansichtskarte vor 1907 entstanden sein muss. Vor dem Bahnbau waren die Oberbozner Ortsteile Maria Himmelfahrt und St. Magdalena eine Postkarte wert, das wesentlich dünner besiedelte Maria Schnee noch nicht.
(Fortsetzung folgt)
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Wolff, K. F. (1909). Führer durch Bozen-Gries: unter besonderer Berücksichtigung der vier neuen Bergbahnen und der großen Dolomitenstraße. Eigenverlag.
Richtig! Mit Oberbozen, und zwar spezifisch mit der Häusersiedlung, welche im heutigen Sprachgebrauch auf Maria Himmelfahrt reduziert wird. Dabei ist die Sommerfrische in Lengmoos/Klobenstein am nordöstlichen Teil des Rittner Plateus deutlich älter. Schon im 16. Jahrhundert entflohen die wohlhabenden Bozner Bürger der sommerlichen Hitze und dem geschäftigen Treiben der Stadt, suchten zeitweilig die Ruhe und Entrückheit eines Bergaufenthaltes, noch dazu bei atemberaubendem Panorama. Auch die Tatsache, dass es zu der Zeit immer noch wiederholte Pestausbrüche gegeben hat, wird die Entscheidung, die Familie für mindestens zwei Monate in die relativ sichere Sommerfrische zu schicken, begünstigt haben.
Foto: A. Kobler
Leider ist von dieser Sommerfrischsiedlung wenig bekannt, zumindest in breiten Bevölkerungskreisen. Mir sind schon vor längerer Zeit die typischen Anwesen aus der damaligen Zeit aufgefallen, auch wenn sie im Gegensatz zu den Oberbozner Pendants inzwischen von später entstandenen Gebäuden mit anderer Zweckbestimmung eingekreist wurden. Ihr einfacher, vielfach quadratischer, der späten Renaissance geschuldeter Grundriss und das Walmdach unterscheidet sie von den länglichen barocken Oberbozner Sommerfrischhäusern mit den charakteristischen Schopfwalmdächern. Irgendwo hatte ich auch gelesen, dass bei den Klobensteiner Sommerfrischlern der Umhang einen schwarzen (wegen dem Deutschen Orden?) und nicht einen roten Kragen hat. Das war es aber auch schon.
Bücher darüber gibt es meines Wissens nicht, einzig die Publikationen von Georg Baron Eyrl (in der Zeitschrift “Der Schlern”, Auszug davon links abgebildet) und Josef Weingartner (im Buch “Die Kunst-denkmäler des Etsch-landes”) behandeln das Thema. Deshalb ist es für mich sehr wichtig, den emeritierten Prof. Christoph Pan letztlich kennengelernt zu haben. Seit 1975 besitzt der Soziologe das Sommer-frischaus Liebegg. Zusammen mit seiner Ehefrau Christine hat er das Haus mit Sach-verständnis renoviert, winterfest gemacht und mit sehr viel Feingefühl die Einrichtung vervollständigt.
Christoph Pan kennt sehr gut die obgenannte Quellen und bewegt sich auch sonst souverän im geschichtlichen Umfeld. Zudem ordnet er die örtlichen Entwicklungen in einem weiteren soziokulturellem Kontext ein. Ich hoffe sehr, dass sein Wissen zur Sommerfrische am Ritten auch der örtlichen Bevölkerung zugänglich gemacht wird.
Foto: A. Kobler
Den Kontakt mit der Familie Pan habe ich übrigens Brigitte von Aufschnaiter zu verdanken. Ihre Familie war die letzte vor dem Eigentumsübergang 1969 auf meine Mutter, welche zum Zwecke der Sommerfrische in der Villa Kinsele eingemietet war. Christoph Pan war dort mehrmals zu Gast.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Eyrl, G. B. von. (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 52–57.
Eyrl, G. B. von. (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 87–92.
Eyrl, G. B. von. (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 155–157.
Eyrl, G. B. von. (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 184–188.
Eyrl, G. B. von. (1924). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 5, 285–287.
Eyrl, G. B. von. (1925). Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 6, 86–88.
Putzer, I. von. (1925). Bemerkungen zu: Beiträge zu einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung der Sommerfrisch-Ansiedelungen auf dem Ritten. Der Schlern – Zeitschrift Des Vereines Für Heimatschutz, 6, 67–68.
Weingartner, J. (1929). Die Kunstdenkmäler des Etschlandes Band III. Teil 1. u. 3 - 1.Teil: Ritten, Sarntal, Tschöggelberg und 3.Teil: Uberetsch, Unterland und Regglberg. Benno Filser.
An dieser Stelle, etwas mehr als ein Jahr seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen von meiner Seite, ist es Zeit, einen wichtigen Grundsatz zu wiederholen: die Blogbeiträge sind größtenteils wie ein Recherche-Tagebuch zu lesen, welches den momentanen Fortschritt dokumentiert, wo ich Beobachtungen und Vermutungen äußere, aber nur selten definitive Ergebnisse darstellen kann. Dass es dies wieder klarzustellen gilt, ist mir gerade beim letzten Beitrag, und zwar jenen über die drei Höfe der Nachbarschaft, aufgefallen. Würde man zufälligerweise nur beim ersten Posting bleiben, wo ich u.a. über den an uns angebauten Bauernhof geschrieben habe, würde man glatt falsches Wissen mitnehmen. Deshalb bitte bei Interesse zu einem bestimmten Thema alle Beiträge dazu lesen.
Hofer, Oberhofer, Unterhofer, Doppelbauer?
Category: Nachbarschaft,Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Der Versuch, die Höfe endlich eindeutig zu bestimmen.
Auszug aus dem Franziszeischer Kataster um 1860.
Auch wenn die Villa Kinsele im Mitttelpunkt der Häusergeschichte bleibt, ist es naheliegend, auch die Geschichte der umgebenden Gebäude etwas zu beleuchten. Besonders, wenn unser Sommerfrischhaus mit diesen zusammengebaut ist. Vielleicht finden wir noch den Grund heraus, warum hier – anders als in Oberbozen sonst üblich – zwei Sommerfrischhäuser an ein nachweislich älteres Bauernhaus angebaut sind; vielleicht bleibt es aber auch ein Geheimnis. Von den drei Höfen, welche den Kern Maria Schnees bilden, hat nur mehr einer eine zudem teilweise landwirtschaftliche Funktion. Einer wurde in ein Hotel umgewandelt und einer in Wohnungen, später zusätzlich zu einem Gasthaus umgebaut.
“… grenzend gegen Osten an die Oberhoferwiese und den Oberhoferplatz, gegen Süden an die Behausung des Oberhofer und der Alois Kinsele’schen Erben, gegen Abend an die Wiese des Doppelbauern und die Kirche von Maria Schnee, gegen Norden an die Wiese des Oberhofer.”
Beilage zur Bozner Zeitung 9.6.1866
Das ist natürlich ein Hinweis, welcher ob seiner Präzision sehr hilfreich ist. Es ist das Versteigerungsedikt, mit dem die Verlassenschaft der Frau Wilhelmine Witwe Kofler geborenen Grätzl feilgeboten wird (das spätere Wegerhaus). Interessant, dass der Stadel des Oberhofers an dem Ort stand, wo später eine kurze, urban wirkende Häuserzeile entstand, genau gesagt die Metzgerei Baumgartner. Fotos von genau dieser Situation habe ich (noch) keine.
Deutlich schwieriger war die Verortung der Höfe Hofer und Unterhofer. Zuerst einmal ist es naheliegend zu denken, dass wenn ein Oberhofer existiert, es zumindest auch einen Unterhofer geben wird. Ein Hofer – zwischen den beiden – ist ebenfalls denkbar. Bestärkt wurde ich in letzterer Annahme von der Tatsache, dass die drei Höfe höhenversetzt sind, der Hofer als landwirtschaftliches Anwesen samt Gastwirtschaft immer wieder beschrieben wird und die Eigentümer des untersten Hofes Unterhofer hießen.
Links im Bild der Doppelbauer, der Unterhofer (inzwischen Gasthof Hofer) rechts.
Doch es kamen bald auch Zweifel an der These auf: Denn der Unterhofer’sche Hof wird immer wieder als Doppelbauer (siehe unten) bezeichnet. Doppelbauer bedeutet Besitzer zweier Höfe? Und wenn das nicht der Unterhofer ist, wer in Maria Schnee ist er dann?
Carl Höffinger (1895) S. 376
Meine ursprüngliche Hypothese habe ich endgültig verworfen, als ich letztlich die Meldung fand, dass der Oberbozner Grund- und Bauverein 1921 dem Karl Ramoser den Ober- und Unterhofer verkauft hat (siehe Zeitungsausschnitt). Unmöglich nämlich, dass der Doppelbauer einmal auch dem späteren Hoferbauer gehört haben konnte! Aber zum Glück sind in der Meldung auch die Einlegezahlen des Grundbuchs vermerkt.
Südtiroler Landeszeitung (18.8.1921) S.3
Ein Besuch im Grundbuchsamt in Bozen und das Durchblättern der ledergebundenen schweren historischen Bücher hat dann endlich Klarheit geschafft: Offiziell gab es den Oberhofer, Unterhofer und Doppelbauer. Mit der verwirrenden Eigenheit, dass der Unterhofer immer wieder einfach nur Hofer genannt wurde.
Dieser schlampige Umgang mit den Hofnamen hat mich die längste Zeit im Dunkeln tappen lassen. Gelernt habe ich in der Sache, dass es in diesen Fällen besser gewesen wäre, das Grundbuch von Anfang an in Anspruch zu nehmen, in den Einlagen der betroffenen Katastergemeinden systematisch zu blättern und für die Verortung der Höfe die BP-Nummern der Hofstelle zu notieren. Meine Lernkurve in dieser Recherche zeigt also immer noch steil aufwärts.
In der nächsten Zeit werde ich die drei Höfe und deren Entwicklung detaillierter darstellen.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
KG Ritten I, Einlagezahl 88 (Doppelbauer). (1907). Grundbuch Gerichtsbezirk Bozen.
Oberbozen oder Maria Schnee?
Category: Siedlungsgeschichte
geschrieben von Armin Kobler | 28. September 2025
Wie sich die Verwendung der Ortsnamen ändert.
Beginnend mit den 50er-Jahren, beschleunigt durch die sprunghafte Vergrößerung der bebauten Ortschaft rund um die Bergstation der Seilbahn, ist es üblich geworden, diese Agglomeration Oberbozen zu nennen. Die westlich gelegene, historische Sommerfrischsiedlung wird hingegen Maria Himmelfahrt, im täglichen Sprachgebrauch überhaupt nur Himmelfahrt, genannt. Dabei ist historisch gesehen der gesamte südwestliche Ausläufer des Rittnerberges Oberbozen. Das Gebiet der Sommerfrischhäuser war in Vierteln unterteilt, welche nach den dortigen Kirchen benannt waren. Von Westen Richtung Osten Maria Einsiedeln (heute Toggenburg), Maria Himmelfahrt (Pfarrei), St. Magdalena (heute Grabmayr) und Maria Schnee (heute Pfarrei).
Abb. 1: Auszug aus dem Franziszeischen Kataster um 1860.
Über die Verwendung des Namens Maria Schnee für das heutige Oberbozen geben auch die zahlreichen Zeitungsmeldungen um der Jahrhundertwende Aufschluss. Das Hotel, von dem im Artikel der Innsbrucker Nachrichten von 1906 die Rede ist, hätte anfänglich auch Hotel Maria Schnee heißen sollen, die Haltestelle der Bahn sowieso. Der noble Beherbergungsbetrieb heißt heute Hotel Holzner. Die im letzten Satz gemachte Prophezeiung ist übrigens üppig Wirklichkeit geworden.
Abb. 2: Ausschnitt aus den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Februar 1906.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen: