Wie schon in früheren Beitragen über die Hausgeschichte angemerkt, sind wir bei den Renovierungsarbeiten auf verschiedene zeitliche Abschnitte gestoßen. Barock, Rokoko, Biedermaier und Historismus haben die Villa Kinsele im Wesentlichen geprägt. Wieviel ist wovon noch vorhanden und was und wieviel davon zeigen? Frau Marlies Tschisner, welche uns als Gebietsverantwortliche für Kunstgeschichte, profane und sakrale Bauten von seiten des Dekmalamtes unterstützt, hat bei einem Lokalaugenschein einmal den Bregriff “Fenster in die Vergangenheit” verwendet. Ich finde ihn sehr treffend.
In der Küche haben wir unter dem obligaten Linoleumboden der 70er Jahre und halb faulen Holzfaserplatten sowie Teerpappe einen unerwarteten Belag vorgefunden: Keramikfliesen der Firma Otto Kaufmann aus Niedersedlitz bei Dresden, hergestellt um 1900. Ein Teil der Umbauarbeiten, welche sehr wahrscheinlich vom damaligen Eigentümer Franz Kinsele und seiner Frau Aloisia von Rehorovsky (ich berichtete hier) ausgegangen sein dürften. Wie man sieht, war die Zeit, wo man fast ausschließlich vor Ort vorgefundene Baumaterialien verwendet hat, vorbei.
Zirka zwei Quadratmeter konnten ohne Beschädigung wiedergewonnen und gereinigt werden. Als kleines Zeitfenster zur vorletzten Jahrhundertwende haben wir damit eine kleine Ecke am Originalort, der ansonsten mit zeitgenössischen Möbeln und Geräten ausgestatteten Küche, gestaltet. Die mit der Lieferung und Verlegung der neuen Sandsteinböden beauftragte Firma südtirol.stein hat für einen einen überaus sauberen Übergang gesorgt.
Leider sind die so charakteristischen, noch dazu am Ritten gewonnenen Sandsteinplatten des Eingangsbereichs im ersten und zweiten Stock dem großen Umbau damals zum Opfer gefallen. Aus einem – aus heutiger Sicht! – Missverhältnis zwischen dem Wunsch nach Pflegeleichtigkeit und dem Respekt vor dem Gebautem wurden sie durch kleine gelbrote Klinker ersetzt.
Es war ein ausgesprochenes Glück, dass wir im Haus selbst noch über eine Quelle an diesem Material verfügten. Im Dachgeschoss waren nämlich zum Zwecke der Brandsperre Sandsteinplatten als Boden verbaut. Zudem musste der kleine Balkon an der Westseite erneuert werden, dort wurde der steinerne Belag durch passendes Lärchenholz ersetzt.
Die vorgefundene Menge an verwendbaren Platten erlaubte schlussendlich nur im Erdgeschoss die historische Verlegung im Rautenverband, im ersten Stock musste materialsparender, in rechtwinkligen Bahnen vorgegangen werden. Bis zuletzt fürchteten wir, mit dem vorhanden Material nicht auszukommen, aber die engagierten Mitarbeiter der Baufirma Schweigkofler haben gekonnt jede vorgefundene Größe an den richtigen Platz gesetzt.
Schon allein deshalb, weil eine Fußbodenheizung das alte Heizkörpersystem ersetzen wird, mussten alle Holzböden ausgebaut werden. Eine gute Gelegenheit, sie zu bürsten, zu reinigen, und so auszugleichen, dass die abgwohnten Oberflächen wieder möglichst flach werden. Auch dieses Mal machte sich die Expertise von Walter Alber in der Werkstatt und an der Baustelle bezahlt.
Wir hatten das Glück, dass dort wo Teppichböden für modernen Wohnkomfort sorgen sollten, diese auf Sperrholzplatten geklebt wurden, welche wiederum leicht und ohne Schäden für den Unterbau entfernt werden konnten. Die verwendeten Holzarten waren Fichten und Föhre, beides Holzarten, welche am Ritten verbreitet sind.
Die Böden wurden auf den die Heizschlangen führenden Ausgleichsboden geklebt. Die Weitergabe der Wärme an die Umgebung braucht gegenüber einen Steinboden zwar etwas länger, die heutigen automatisierten Regelsysteme können damit aber gut umgehen.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Alle Fotos, sofern nicht anders angemerkt, sind vom Blogautor.
“Hier ist ja alles gerader als in vielen Neubauten!”
Category: Renovierung
geschrieben von Armin Kobler | 25. Dezember 2023
War die Aussage des Fliesenlegers der Firma Hofer, als er in den Bäder mit der Verlegung begonnen hat. Zur Beruhigung aller demkmalsensiblen Menschen beherrscht der rechte Winkel nur die zeitgenössichen Einbauten, überall sonst wurden die Unregelmäßigkeiten der früheren Zeiten, die doch so wichtig für das Wesen und den Charme der Altbauten sind, belassen. Das erleichterte Aufatmen des Fliesenlegers wegen der Genauigkeit bei der Ausführung und den Lob unseres Planers hinsichtlich der an den Tag gelegte Sensibilität gegenüber der historischen Bausubstanz reiche ich gerne an Wolfgang Stabler und seinem Team der Baufirma Hubert Schweigkofler weiter.
Ein großer Wunsch ist im Gang- und Stiegenbereich Wirklichkeit geworden: dort konnte wieder die ganze Fläche mit den für den Ort und die Epoche so typischen Sandsteinplatten verlegt werden. Die Platten stammte größtenteils vom Dachboden, wo sie seiernzeit als Brandbremse verwendet wurden. Die Rautenanordnung im Erdgeschoss unterstreicht den doch herrschaftlichen Anspruch des Kaufherren-Sommerfrischhauses. Bemerkenswert, wie es der Baufirma gelungen ist, auch die letzen kleineren Teile der doch sehr begrenzt vorhandenen Menge Sandsteinplatten ohne ästethische Einbußen gekonnt zu nutzen.
Auch sonst ist in den letzten Tagen und Wochen viel Baufortschritt sichtbar geworden: zwei von drei Bäder sind jetzt vollständig verfließt, der Holzboden im ehemaligen Musikzimmer wird nächste Woche begehbar sein. Der Balkon mit dem darunter liegendem Holzkotter und dem kleienem Schindeldach werden gerade vom Zimmermann Pechlaner renoviert und wo notwendig erneuert. In der Tischlerwerkstatt werden gerade die beiden historischen Fenster und die alten Holzfußböden für den Einbau hergerichtet. Elektriker und Installateur stehen für die nächste Woche Gewehr – besser: Gerät – bei Fuß, die erste Einbauküche wird Mitte November montiert werden.
Was dem Passanten an der Waldpromenande oder am Fahrweg nach Maria Himmelfahrt am meisten auffallen wird, das Haus hat wieder Augen! Seit die Fenster (Tischlerei Norbert Sanoll) montiert sind, hat es einen wieder viel einladernden Charakter. Bin gespannt, wie diese später, wenn auch die historischen Terlen eingehängt sind, wirken werden.