Nur ein Paar Terlen, wie die Fensterbalken bzw. Fensterläden bei uns genannt werden, haben gefehlt, alle anderen haben am Dachboden über 50 Jahre auf die Wiederverwendung geharrt. Welch ein Glück, auf diesen Bestand wieder zurückgreifen zu können! Sie waren zudem fast alle noch recht gut erhalten, aber wider Erwarten beidseitig rot. Auf den ältesten Fotografien sind sie noch nach lokalem Muster weiß und rot gestrichen, auf einer Abbildung, welche aus den 50ern stammen dürften, sind sie nur mehr einfärbig. Die Tischler Walter und Max Alber haben etwas Farbe entfernt und die Originabemalung wieder entdeckt. Dieses Muster dient uns als weitere Vorlage.
Wenn wir die folgenden historischen Fotos vergleichen, dürfen wir nicht vergessen, dass ab dem Tode Franz Kinseles das Haus einen Niedergang erfahren musste, zeitweilig vermietet und auch nach dem Besitzwechsel 1943 nicht mehr von den Eigentümern bewohnt wurde.
Nach Wochen des geduldigen Restaurierens und des sorgsamen, die Maserung des Holzes bewahrenden Streichens – nicht Spritzens! – konnten die Terlen wieder, wenn auch nur für ein paar Tage, probeweise eingehängt werden. Jetzt kann man sich recht gut vorstellen, wie das Haus am Ende aussehen wird. Um sie nicht bei der Restaurierung der Fassade einer fast sicheren Verschmutzung auszusetzen, wurden sie zwischenzeitlich wieder ausgehängt und am Dachboden deponiert. Dort werden sie aber hoffentlich nur ein paar Wochen verbleiben, nicht mehr 50 Jahre!
Im folgenden ein paar Bilder von der Restaurierung und Montage (Foto: Walter und Max Alber):
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Fenster in die Vergangenheit (3)
Category: Renovierung
geschrieben von Armin Kobler | 27. April 2024
“In dem zweyten Stok aber ain Stuben…”
… heißt es in den Schätzungsberichten, welche 1778 im Zuge des Konkurses Joseph Andre Lanners angefertigt wurden. Und sowohl für Walter Alber wie Markus Pescoller – in vorigen Beiträgen habe ich diese vorgestellt – stammt diese Täfelung aus jener Zeit. An der Art der Holzverkleidung kann man den Charakter des Hauses festmachen: Brustgetäfel und die Aussparungen bei dei Tür- und Fensterleibungen zeigen, dass es sich seinerzeit um ein herrschaftliches Haus mit Sommernutzung handelte, die thermische Isolierung stand deshalb nicht im Vordergrund. Ein besonderes Merkmal unserer Täfelung sind die elegant geschnitzten Röschen im oberen Bereich. Laut Walter Alber, der viele Stuben besonders in Oberbozen aber auch außerhalb inzwischen gesehen und auch restauriert hat, ein Unikum.
Als meine Eltern 1970/71 das Haus an ihre Bedürfnisse anpassten und es einer umfassenden Modernisierung unterzogen, wählten sie diesen Raum als ihr Schlafzimmer aus. Das Holz der Täfelungen war ihnen aber zuviel des Guten, die hölzerne Decke genügte ihren Vorstellungen. Auch der Holzboden wurde unsichtbar gemacht in dem er – ganz dem herrschenden Zeitgeist gemäß – mit einem Teppichboden überzogen wurde.
Ob aus Bequemlichkeitsgründen – der Stiegenaufgang ist gleich daneben – oder in weiser Voraussicht, ich weiß es nicht, das Getäfel wurde jedenfalls nach der wenig zimperlich erfolgten Demontage nicht verkauft oder gar entsorgt, sondern in einer Dachbodenecke für über 50 Jahre gelagert.
Nachdem der Tischler in der Folge einer Beschau den doch relativ guten Zustand der Materialien bestätigt hat, stellte sich uns die Frage, ob wir sie wieder einbauen oder doch den Wohnvorstellungen der 70er-Jahre Visibilität geben wollen.
Letztere Epoche hat dokumentarisch betrachtet genauso ihr Recht auf Sichtbarkeit, auch wenn wir heute (und morgen?) den Umgang der damaligen Zeit mit der historischen Bausubstanz überwiegend problematisch sehen. Der finanzielle Einsatz ist verständlicherweise beträchtlich und doch haben wir uns für die Restaurierung und den Wiedereinbau der alten Täfelung entschieden. Sie hat das Alter des Hauses, was schon an sich beeindruckend ist, besitzt besondere Eigenheiten und gibt den Raum was Besonderes. Ich denke, dass die getroffene Entscheidung stimmig ist und die Vorteile überwiegen.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Im Laufe der Renovierung werden so einige Fenster in die Vergangenheit sichtbar. Wo es geht, werden sie aufgemacht, bei den Öffnungen, wo dies nicht möglich ist, soll sinngemäß dafür zumindest ein Guckloch die verschiedenen Stilepochen dokumentieren. Damit dieses ambitionierte Vorhaben auch möglichst vollständig erreicht wird, haben Architekt Franz Kosta und ich kompetente Fachleute an unserer Seite: Die Firma Schweigkofler hat, wie schon mehrmals berichtet, zuerst einmal die baulichen Grundlagen geschaffen. Für die folgenden Arbeiten am Werkstoff Holz (Stubentäfelungen, Wandschränke, Türen und Terlen, Böden) wurden Walter Alber und sein Sohn Max engagiert, die Mal- und Gipsarbeiten hat hingegen Alois Langgartner übernommen. Für die abschließende Renovierung der Holzdeckenmalereien wurde der Betrieb des Markus Pescoller gefragt. Schon bei den Besprechungen dabei zu sein, ist für mich immer sehr aufschlussreich, geht es doch dabei nie um eine rein fachliche Expertise sondern werden die Überlegungen dazu in einem geschichtlichen Kontext diskutiert.
Fenster in die Vergangenheit (1)
Category: Renovierung
geschrieben von Armin Kobler | 27. April 2024
Die Böden
Wie schon in früheren Beitragen über die Hausgeschichte angemerkt, sind wir bei den Renovierungsarbeiten auf verschiedene zeitliche Abschnitte gestoßen. Barock, Rokoko, Biedermaier und Historismus haben die Villa Kinsele im Wesentlichen geprägt. Wieviel ist wovon noch vorhanden und was und wieviel davon zeigen? Frau Marlies Tschisner, welche uns als Gebietsverantwortliche für Kunstgeschichte, profane und sakrale Bauten von seiten des Dekmalamtes unterstützt, hat bei einem Lokalaugenschein einmal den Bregriff “Fenster in die Vergangenheit” verwendet. Ich finde ihn sehr treffend.
In der Küche haben wir unter dem obligaten Linoleumboden der 70er Jahre und halb faulen Holzfaserplatten sowie Teerpappe einen unerwarteten Belag vorgefunden: Keramikfliesen der Firma Otto Kaufmann aus Niedersedlitz bei Dresden, hergestellt um 1900. Ein Teil der Umbauarbeiten, welche sehr wahrscheinlich vom damaligen Eigentümer Franz Kinsele und seiner Frau Aloisia von Rehorovsky (ich berichtete hier) ausgegangen sein dürften. Wie man sieht, war die Zeit, wo man fast ausschließlich vor Ort vorgefundene Baumaterialien verwendet hat, vorbei.
Zirka zwei Quadratmeter konnten ohne Beschädigung wiedergewonnen und gereinigt werden. Als kleines Zeitfenster zur vorletzten Jahrhundertwende haben wir damit eine kleine Ecke am Originalort, der ansonsten mit zeitgenössischen Möbeln und Geräten ausgestatteten Küche, gestaltet. Die mit der Lieferung und Verlegung der neuen Sandsteinböden beauftragte Firma südtirol.stein hat für einen einen überaus sauberen Übergang gesorgt.
Leider sind die so charakteristischen, noch dazu am Ritten gewonnenen Sandsteinplatten des Eingangsbereichs im ersten und zweiten Stock dem großen Umbau damals zum Opfer gefallen. Aus einem – aus heutiger Sicht! – Missverhältnis zwischen dem Wunsch nach Pflegeleichtigkeit und dem Respekt vor dem Gebautem wurden sie durch kleine gelbrote Klinker ersetzt.
Es war ein ausgesprochenes Glück, dass wir im Haus selbst noch über eine Quelle an diesem Material verfügten. Im Dachgeschoss waren nämlich zum Zwecke der Brandsperre Sandsteinplatten als Boden verbaut. Zudem musste der kleine Balkon an der Westseite erneuert werden, dort wurde der steinerne Belag durch passendes Lärchenholz ersetzt.
Die vorgefundene Menge an verwendbaren Platten erlaubte schlussendlich nur im Erdgeschoss die historische Verlegung im Rautenverband, im ersten Stock musste materialsparender, in rechtwinkligen Bahnen vorgegangen werden. Bis zuletzt fürchteten wir, mit dem vorhanden Material nicht auszukommen, aber die engagierten Mitarbeiter der Baufirma Schweigkofler haben gekonnt jede vorgefundene Größe an den richtigen Platz gesetzt.
Schon allein deshalb, weil eine Fußbodenheizung das alte Heizkörpersystem ersetzen wird, mussten alle Holzböden ausgebaut werden. Eine gute Gelegenheit, sie zu bürsten, zu reinigen, und so auszugleichen, dass die abgwohnten Oberflächen wieder möglichst flach werden. Auch dieses Mal machte sich die Expertise von Walter Alber in der Werkstatt und an der Baustelle bezahlt.
Wir hatten das Glück, dass dort wo Teppichböden für modernen Wohnkomfort sorgen sollten, diese auf Sperrholzplatten geklebt wurden, welche wiederum leicht und ohne Schäden für den Unterbau entfernt werden konnten. Die verwendeten Holzarten waren Fichten und Föhre, beides Holzarten, welche am Ritten verbreitet sind.
Die Böden wurden auf den die Heizschlangen führenden Ausgleichsboden geklebt. Die Weitergabe der Wärme an die Umgebung braucht gegenüber einen Steinboden zwar etwas länger, die heutigen automatisierten Regelsysteme können damit aber gut umgehen.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Alle Fotos, sofern nicht anders angemerkt, sind vom Blogautor.
Windauge
Category: Renovierung
geschrieben von Armin Kobler | 27. April 2024
… wurden die ersten Fenster im germanischen Sprachraum genannt. Dies weil ihr erster Zweck jener war, den Rauch der Feuerstellen aus den Räumen treten zu lassen. Der Wind hat aber auch später noch durch die Fensterritzen gezogen, als die Funktionen umfassender wurden und zwar: Belichtung, Lüftung, Aussicht und Wandgliederung. Heutige Fenster sind wegen den Anforderungen an die Wäremedämmung so gut wie gasdicht, was aber andererseits für die Regulierung des Raumklimas eine Herausforderung darstellt.
In einem praktisch unbeheiztem Raum – dem oberen, die zwei Wohnungen erschließenden Gang –, haben wir auf dieses Prinzip verzichtet und zwei über Jahrzehnte im Dachboden gelagerte Fenster aus der Zeit um Siebzehnhundert wieder eingebaut. Alles, außer das zu sehr verwitterte Holz sind original.
Unser auf Renovierung spezialisierter Tischler Walter Alber und sein Sohn Max haben wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Geholfen haben ihnen zwei ältere Handwerker, die über Fähigkeiten verfügen, welche leider im Verschwinden begriffen sind. Einer hat als Schmied beim Aufrichten der Beschläge geholfen, der andere kann noch mit Putzenscheiben umgehen.
Die verschiedenen Zeitepochen sollen zum Vorschein kommen, mit diesen beiden Fenstern haben wir einen weiteren Schritt in diese Richtung gemacht. Alle Fenster des Hauses so zu realisieren ist leider nicht möglich gewesen, weil nur ungefähr ein Viertel der Originalfenster noch auffindbar war und die Nutzung des Gebäudes sich auf den – viellecht etwas gedehnten – Sommer beschränken müsste.
Von den Original-Fensterläden haben wir hingegen nahezu alle wiedergefunden. Dann wird die Fenstersituation sich noch einmal vollständiger präsentieren.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Walter Alber aus Unterinn am Ritten einen echten Experten zu nennen greift zu kurz. Diesen Tischler mit dem Schwerpunkt Restaurierung kann man wirklich mit dem neudeutschen Ausdruck Nerd bezeichnen. Er ist nicht nur ein ausgezeichneter Handwerker sondern verfügt auch über ein wahnsinniges Detailwissen. Und wie er bestimmte Teile und Techniken den verschiedenen Epochen zuordnen kann, erstaunt den Architekten und mich immer wieder.
Mit dem Auffinden immer mehr restaurierungswürdiger Gegenstände und dem dauernden Anpassen des Umbaus an die vorgefundenen Stile und Epochen hat sich sein Betätigungsfeld in der Villa Kinsele dauernd erweitert, wir werden mit ihm und seinem Sohn Maximilian noch für längere Zeit zu tun haben. Anfänglich war nur vorgesehen, dass er die im Dachboden seit über fünfzig Jahren deponierte Holzverkleidung des ehemaligen Elternschlafzimmers herrichtet sowie die Täfelungen der beiden Stuben im Erdgeschoss ein- und wieder ausbaut. In der Zwischenzeit hat er alte Holzfußböden ergänzt. In nächster Zeit sind die alten Jalousien an der Reihe, während die historischen Türen eine erste Reinigung erfahren haben. Auch die beiden Gangfenster im Obergeschoss, welche historische Teil beinhalten, werden von ihm gefertigt, so wie auch die Fenster der Dachgauben. Und das wird sicherlich nicht die letzte Arbeit sein.
Die alten Türen sind inzwischen, wie gesagt, aufbereitet worden. Bis auf eine werden wir alle wierderverwenden können. Von den meisten wissen wir, welche Räume sie ursprünglich verschlossen haben, anderen mussten wir erst im Hinblick auf Größe und Öffnungsrichtung den Räumen zuordnen. Ein paar werden im rohen zustand bleiben, andere wiederum – die Mehrzahl – werden einen farbigen Anstrich bekommen. Der Kontrast alt/neu, in ein paar Räumen deutlich herausgearbeitet, wird spannend werden.
Diffizile Aufgabe
Category: Hausgeschichte,Renovierung
geschrieben von Armin Kobler | 27. April 2024
samt vielen Zweifeln.
„Als lebendige Zeugnisse jahrhundertealter Traditionen der Völker vermitteln die Denkmäler in der Gegenwart eine geistige Botschaft der Vergangenheit. Die Menschheit, die sich der universellen Geltung menschlicher Werte mehr und mehr bewußt wird, sieht in den Denkmälern ein gemeinsames Erbe und fühlt sich kommenden Generationen gegenüber für ihre Bewahrung gemeinsam verantwortlich. Sie hat die Verpflichtung, ihnen die Denkmäler im ganzen Reichtum ihrer Authentizität weiterzugeben. …”
Die Arbeiten in der Villa Kinsele erwiesen sich als weitaus spannender als vermutet. Gleichwohl ich mir bereits auf Grund der fachmännischen Begleitung durch den Architekten Franz Kosta und den Holzrestaurator Walter Alber neuere Erkenntnisse erwartete, wurde ich, bzw. wir alle, von den neuesten Entdeckungen sehr überrascht. Immer wieder stoßen wir auf unerwartete Details, die unsere Theorien der Hausgeschichte nicht bestätigen und dann wieder auf Dinge, welche wir schon vermutet hatten. Über diese Funde wird noch detailliert berichtet werden.
Doch wie geht man mit diesen Entdeckungen um? Tatsache ist, dass in den fast 400 Jahren das Haus immer wieder verändert wurde. Dabei wurden Elemente entfernt, andere kamen dazu und neuere wiederum haben im besten Fall frühere nur verdeckt und nicht zerstört. Das Haus besteht also teilweise aus verschiedenen Hüllen, welche durch die Renovierung auch partiell oder gänzlich sichtbar gemacht werden können.
Darüber, dass so einige Veränderungen der jüngeren und jüngsten Geschichte rückgängig gemacht werden können oder sogar müssen, sind wir uns wahrscheinlich einig. Waren es doch Umbauten, welche verallgemeinernd wirken, dem Haus seine Alleinstellung verringert haben. Aber auf welche Zeitepoche greift man schlussendlich zurück, in den Räumen, wo man den Luxus hat, aussuchen zu können?
Soll es der Barock mit seinen opulenten Deckengemälden sein, dem Zeitalter, in dem die Oberbozner Sommerfrischhäuser mehrheitlich entstanden sind, die bekannte Sommerkolonie gegründet wurde? Oder soll die sich an der deutschen Renaissance inspirierende Holzstube erhalten bleiben, welche vor circa 120 Jahren ganz à la mode unter Verwendung teils älterer, teils zeitgenössischer Elemente eingebaut wurde um das Haus auch im Winter bewohnbar zu machen?
Hinsichtlich der Art, wie man mit zu nutzender historischer Bausubstanz umzugehen hat, hat sich die Herangehensweise mit der Zeit immer wieder, auch sehr stark, verändert. Von einem stilistischen Reinheitsgebot, das Weiterbauen auch nach viel vergangener Zeit nur in der begonnenen Manier erlaubt (1) , über das Weiterbauen mit zeitgenössischer Formensprache, klar abgegrenzt zum historischen Bestand (2) bis zum sorg- und respektlosen Umgang mit dem Alten (3), wie es unsere Vorfahren größtenteils gelebt haben, spannt sich die Art des Umgangs.
Als international anerkannte Richtlinie in der Denkmalpflege gilt die 1964 verfasste Charta von Venedig. Auf sie wird immer wieder Bezug genommen, ein Grund mehr, diesen gar nicht zu langen Text aufmerksam zu lesen. Hinsichtlich unseres Projektes sind m.E. folgende Artikel von Bedeutung:
Artikel 5 Die Erhaltung der Denkmäler wird immer begünstigt durch eine der Gesellschaft nützliche Funktion. Ein solcher Gebrauch ist daher wünschenswert, darf aber Struktur und Gestalt der Denkmäler nicht verändern. Nur innerhalb dieser Grenzen können durch die Entwicklung gesellschaftlicher Ansprüche und durch Nutzungsänderungen bedingte Eingriffe geplant und bewilligt werden.
Artikel 9 Die Restaurierung ist eine Maßnahme, die Ausnahmecharakter behalten sollte. Ihr Ziel ist es, die ästhetischen und historischen Werte des Denkmals zu bewahren und zu erschließen. Sie gründet sich auf die Respektierung des überlieferten Bestandes und auf authentische Dokumente. Sie findet dort ihre Grenze, wo die Hypothese beginnt. Wenn es aus ästhetischen oder technischen Gründen notwendig ist, etwas wiederherzustellen, von dem man nicht weiß, wie es ausgesehen hat, wird sich das ergänzende Werk von der bestehenden Kopie abheben und den Stempel unserer Zeit tragen. Zu einer Restaurierung gehören vorbereitende und begleitende archäologische, kunst- und geschichtswissenschaftliche Untersuchungen.
Artikel 11 Die Beiträge aller Epochen zu einem Denkmal müssen respektiert werde: Stileinheit ist kein Restaurierungsziel. Wenn ein Werk verschiedene sich überlagernde Zustände aufweist, ist eine Aufdeckung verdeckter Zustände nur dann gerechtfertigt, wenn das zu Entfernende von geringer Bedeutung ist, wenn der aufzudeckende Bestand von hervorragendem historischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Wert ist und wenn sein Erhaltungszustand die Maßnahme rechtfertigt. Das Urteil über den Wert der zur Diskussion stehenden Zustände und die Entscheidung darüber, was beseitigt werden darf, dürfen nicht allein von dem für das Projekt Verantwortlichen abhängen.
Als der Form der Vertiefung und konkreten Umsetzung der Charta-Prinzipien wird ebendort das Strategiemodell – Bauen im Bestand vorgestellt.
Der Besuch im Innsbrucker Ferdinandeum und seiner Ausstellung “Im Detail – Die Welt der Konservierung und Restaurierung” hat nicht nur mein Wissen um die Thematik erweitert, sondern noch einmal das Bewusstsein geschärft. Ich kann den Besuch nur empfehlen, betreffen die Inhalte doch alle Personen, welche mit offenen Augen die Umwelt erfahren.
“Kostbare Gemälde, uralte Bücher, zeitgenössische Kunst und volkskundliche Gebrauchsgegenstände: Egal welchem dieser Exponate Sie im Museum begegnen, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es bereits durch die Hände einer Restauratorin oder eines Restaurators gegangen ist.” “Wie lange darf eine zarte Zeichnung im Licht hängen? Wie wird eine fragile Holzskulptur verpackt? Oder wie können edle Trachten vor Mottenbefall bewahrt werden?”
Je mehr Zeit ich verwende, um mich mit der Hausgeschichte im weitesten Sinne zu beschäftigen, desto mehr wächst der Respekt und die gefühlte Verantwortung gegenüber dem nicht von ungefähr denkmalgeschützten Haus. Die fachliche Begleitung durch den Architekten und das Denkmalamt sind unerlässliche Stützen bei der Bewältigung der Aufgabe, aber manche Entscheidungen muss ich als Bauherr selbst treffen. Wenn es auch prioritär bleiben muss, aber als alleiniges Ziel der Arbeiten kann nicht nur die Aufwertung des historischen Objektes sein, auch die zeitgemäße Verwendbarkeit, der finanzielle Rahmen und nicht zuletzt persönliche Vorlieben sollten Platz finden. Ein heikle Aufgabe, denn mein Ansinnen ist außerdem, dass auch die Nachwelt unsere Maßnahmen als zumindest nicht falsch beurteilen wird. Realistische Erwartungen oder Illusion?
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Hat der Tischler und Restaurator Walter Alber aus Unterinn anerkennend gemeint, als wir beide diese Holzverzierung erstmals gesehen haben. Heute hat er nämlich eine Täfelung abgeholt, welche sich im Schlafzimmer meiner Eltern befunden hat, von diesen aber anfangs der 70er Jahre im Laufe der damaligen Umbauarbeiten entfernt und am Dachboden eingelagert wurde. Sie wurde bei der Demontage zum Glück nicht allzu sehr beschädigt und hat auch die über fünfzig Jahre am Dachboden recht gut überstanden. In den nächsten Monaten wird sie renoviert werden und steht dann für einen Wiedereinbau am ursprünglichen Ort zur Verfügung.
Mit diesem Abtransport ist die Renovierung der Villa Kinsele in die Umsetzungsphase getreten. Die Planungen sind weitestgehend abgeschlossen und das Genehmigungsverfahren in der Gemeinde und im Denkmalamt haben begonnen. Auch wurden schon die meisten notwendigen Handwerkerfirmen kontaktiert. Lokalaugenscheine mit diesen zur Abschätzung des Arbeitsvolumens wurden auch schon durchgeführt. Von der Einstellung der Bauherren und der Kompetenz des Planers Franz Kosta her müsste das Projekt eigentlich gut bei den Behörden ankommen, wir hoffen sehr auf keine negative Überraschungen in dieser Hinsicht, aber man weiß bekanntermaßen nie…