“… und zum siebten hab’ Man – dieser Punkt ist weniger klar – Nur einmal jedes halbe Jahr Die Wäsche, weil man Gott sei Dank, Sie reichlich hat in Truh’ und Schrank.”
So detailliert die verschiedenen vorliegenden Vermächtnisse und Inventarlisten auch den jeweiligen Eigentumsstand – von den Gebäuden bis hinunter zu Weinkellergeschirr und einzelnen Löffeln und Tellern – darstellten, Hinweise auf Gewand und Wäsche fehlen komplett. Deshalb kann nur angenommen werden, dass zumindest die Kinseles der ersten, sehr wohlhabenden Generationen sicherlich kein Problem hatten, so viel Wäsche zu besitzen, dass sie nicht öfter als zwei Mal im Jahr Waschgänge organisieren mussten.
“Dazu als Ergänzung im weltlichen Sinne Hat fünftens man eine Loge inne.”
Ein Jahrhundert lang hatten die Bozner ihr Theater am Musterplatz, im Gebäudekomplex des 1759 entstandenen luxuriösen Gasthofes Kaiserkrone, bekannt auch als Palais Pock, nach dessen Erbauer. Ich zitiere Franco Laitempergher (1978):
“Dann ist die Hotelresidenz im Besitz von Stefan Landsmann, der sie 1804 während der Belagerung [falsch übersetzt, sollte Besetzung heißen] des Landes durch die bayrischen und französichen Truppen unter Napoleon um 23.500 Gulden verkauft u.z. an eine Gesellschaft mit 47 Mitgliedern, die zu den reichsten Familien der Stadt gehören; diese Gesellschaft hat die Absicht, im Garten des Hotels ein Theater zu bauen. Die Arbeiten am Theater (heute Upim) beginnen im Februar 1804 und sind im August 1805 abgeschlossen. Das Projekt des Theaters stammt von Andrea Caminada aus Rovereto, die Szene von Carlo Ederle, die Fresken von Domenico Zeni. Das Theater hat 800 Plätze. Es besteht aus einem Parkett, einer doppelten Reihe von Logen mit insgesamt 33 und einer Galerie. Die meisten Logen sind den Mitgliedern vorbehalten. Die Zentralloge gebührt den angesehenen Persönlichkeiten und der Merkantilmagistrat kauft eine Doppelloge um 1100 Gulden. Die Theatersaison wird im September 1805 mit der Oper «Pamela nubile» eröffnet.”
“Um eigene Trauben Und eigenen Wein für den Hausgebrauch Zu haben, muss man zweitens auch In Gries oder in den Zwölfmalgreien Mit einem Höfl begütert sein.”
Um die Deckung des obgenannten Eigenbedarfes mussten sich die Kinseles wahrlich keine Sorgen machen, so üppig waren ihre Weingartenflächen in Bozen, Zwölfmalgreien und Gries schon in der Gründergeneration. Als Franz Xaver Kinsele, der auch immer wieder als Franz von Sales Kinsele bezeichnet wird, 1812 stirbt, hinterlässt er u.a.:
Wer hat noch nie von den Bozner Seligkeiten, acht an der Zahl, gehört? Karl Theodor Hoeniger hat ihnen mit dem 1933 im “Altbozner Bilderbuch” erschienenen Gedicht ein bleibendes Denkmal geschaffen.
Die Aufzählung dieser Voraussetzungen für ein vollständig erfülltes Bozner Bürgerleben eignet sich sehr gut, um den in kürzester Zeit erfolgten wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Kaufherrenfamilie Kinsele darzustellen.
“Als erste muss man unter den Lauben Ein Haus besitzen.”
Eine zentrale Rolle im Leben und Wirken eines Bozner Kaufherrens – und das war das angestrebte Ideal – spielte dabei das Laubenhaus, ein Haus in der Stadtgasse, entweder unter den “deutschen [südseitigen] oder welschen [nordseitigen] Gewölben”, wie auch die offizielle Adresse lautete. Um den urbanistischen und den damit eng verwobenen gesellschaftlichen Rahmen besser zu verstehen, in dem sie sich auch diese Familie bewegte, lasse ich gerne Hannes Obermaier, ehemaliger Leiter des Stadtarchivs Bozens, zu Worte kommen:
Julius Perathoner (1849 bis 1926) war nicht ein Teil der Kinseleverwandschaft aber doch sehr zumindest mit einem von ihnen sehr verbunden: Anton Kinsele (1865 bis 1946) arbeitete zusammen mit Perathoner in der gemeinsamen Anwaltskanzlei am Bozner Obstmarkt. Anton Kinsele war auch unter Perathoner Stadtrat in Bozen und blieb sogar nach der Machtergreifung der Faschisten im Rahmen der Möglichkeiten ein politisch agierender Mensch (ihm werden noch einige Beiträge gewidmet werden).
Nachdem Julius Perathoner ganz stark ein (Vorzeige-) Kind seiner Zeit war, das Umfeld der vorletzten Kinsele-Generation auch am Ritten wesentlich beeinflusst hat und zudem erst vor ein paar Tagen der bemerkenswerte Beitrag im RAI Sender Südtirol ausgestrahlt wurde, wollte ich die dessen Aufzeichnung der geschätzten Leserschaft nicht vorenthalten.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Es gibt Ereignisse, welche für einen selbst eigentlich ziemlich unbedeutsam sind, bar jeder Wichtigkeit, und trotzdem bleiben sie uns aus einem unbekannten Grund im Gedächtnis erhalten. So eine Episode war die in meiner späteren Jugend vernommene Nachricht – ich lebte noch in Bozen –, dass der Stadtrat das historische Stadtwappen mit dem sechszackigen Stern auch formell wieder eingeführt hatte (21.4.1988). Während der faschistischen Periode hatte nämlich der fünfzackige “Stellone d’Italia” den sechszackigen “Stella Maris”-Stern, ein Bezug auf die Stadtpatronin, der Hl. Maria, ersetzt. Ab da an habe ich eigenartigerweise immer wieder die mir neu im Stadtbild unterkommenden Wappen bewusst im Hinblick auf die Sternformen angeschaut.
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