Das Haus ist nach 3 Seiten frei aber wegen der dasselbe umge- benden großen Bäume u. schiefen Wiese sehr schwer zu fotografirn. Bitte um freundl. Returnirung. Oberbozen bei Bozen Südtirol Kinsele-Haus, München Ysenburgstrasse 1
Wenn man sich die Fotos und Bilder bis 1945 ansieht – die Zeit bis zum Umbau 1970 fehlt bildlich leider momentan noch, – fällt zumindest ein zusätzlicher Baum auf. Unschwer an den typischen Blättern erkennbar, handelt es sich um eine hochgewachsene Rosskastanie, deren Stamm sich vor der schmalen Westseite des Hauses befunden haben muss.
Dem Winzerkollegen Baron Sigmund Kripp habe ich es zu verdanken, dass ich mit Herrn Josef von Franckenstein aus Hall Kontakt aufnehmen konnte. Eine sehr ergiebige Quelle, wie sich herausstellen sollte. Ich habe ersterem eigentlich nur beiläufig von diesem Projekt erzählt, aber nachdem seine Familie sehr stark mit der Salzbergwerksgemeinde verbunden ist, hat er sogleich den Beitrag über erste Haller Spuren gelesen. Dort ist ihm natürlich sogleich der Familienname seinen Freundes Josef von Franckenstein, wo Eleonore Kinsele von 1939 bis zu ihrem Tode 1958 wohnte, aufgefallen. Spontan hat mir Sigmund seine Telefonnummer und Mailadresse gegeben.
Eine nachhaltige schöne Begegnung – wenn auch inzwischen nur über Telefon und Mail – war jene mit Frau Tanja Lartschneider-Kastler, der ersten lebenden Nachfahrin der Kinseles, welcher ich bisher begegnet bin. Sie hat sich viel Zeit genommen und mir bei der Recherche viel weitergeholfen. Wir freuen uns schon auf ein Treffen in Oberbozen oder in Margreid. Dank ihrer Hilfe konnte ich jetzt den Stammbaum erweitern und vervollständigen. Zudem hat sich mich mit kostbaren Fotos versorgt, alle beschriftet.
Von Eleonore Kinsele sind fast alle Schulzeugnisse vorhanden. Sie hat in Bozen die Volksschule besucht, später war sie im Mariengarten in St. Pauls, schlussendlich bei den Ursulinen in Innsbruck. Diese Zeugnisse haben uns auch zu Beginn der Recherche ihr Geburtsdatum geliefert. Auf Grund der “Unterschrift der Eltern oder deren Stellvertreter” habe ich zuerst gedacht, Johanna Kinsele sei der Name der Mutter gewesen. Hingegen weiß ich inzwischen, dass sie die ältere Halbschwester war. Wieso Johanna unterschrieb, obwohl die Mutter von Eleonore noch lebte, bleibt mir unbekannt. Auffallend sind die vielen Fehltage in der Volksschule.
In den Erzählungen meiner Mutter (1926 – 1997), welche diese wiederum von damals schon älteren Herrschaften Oberbozens vernommen hat, war immer wieder von einem großen Musikzimmer die Rede. Ein saalartiger Raum, in dem es musikalische Darbietungen aber auch Hausbälle der Sommerfrischgesellschaft gegeben haben soll. Meine geschäftstüchtige Großtante, welche ja nie dieses Haus bewohnte und es eher als eine reine Investitionsmöglichkeit ansah, ließ bald nach dem Erwerb aus dem “Großem Zimmer” ein komplette Wohnung darin entstehen. Auf dem Gebäudekatastereintrag von 1940 ist der Salon noch zu sehen:
Der Gemeinde Hall bin ich sehr dankbar, hat sie mir doch zeitnahe und umfangreich geholfen. Harald Höfner, Hermann Theis und besonders der Stadthistoriker Alexander Zanesco haben mir wertvolle Hinweise hinsichtlich unserer Eleonore Kinsele geben können.
Dass diese am 4. April 1881 geboren ist, habe ich mittels der vorhanden Schulzeugnisse (Beitrag dazu folgt) herausgefunden. Aus Hall kam die Information, dass sie am 2. Februar 1956 dort ohne Nachfahren gestorben ist. Natürlich wäre interessant, von ihrem Grab zu wissen. Aber:
Frau Eleonore Kinsele konnte ich im Sterbebuch des Standesamt Hall in Tirol verstorben 02.02.1958 finden, leider haben wir im Friedhofsbuch Hall keinen Eintrag. Natürlich kann die Beerdigung überall gewesen sein oder sogar irgendwo in Südtirol. Die Bestattung Ebenbichler in Hall in Tirol hat die Beerdigung durchgeführt, aber ob die noch Unterlagen haben weiß ich nicht.
In der sprichwörtlichen alten Kartonschachtel haben wir diese Bilder gefunden. Wer ist der Autor? Von den Sujets her sollte die alte agrarische Welt, welche schon der radikalen Veränderung geweiht war, noch einmal mit dem Augen des Städters festgehalten werden. Sollten alle einer Serie zugehörig sein, dann stammt diese aus den Jahren nach 1907, Warum dies? Auf einem Bild ist nämlich die Trasse der Rittnerbahn ersichtlich. War die Photografin Eleonore Kinsele? Oder doch ihr Bruder Robert? in einem Brief erklärt er ihr Methoden der Entwicklung und Vergrößerung, welche laut ihm in den diesbezüglichen Kursen zu oberflächlich erklärt werden.
Auf ein paar Bilder kann ich gewisse Orte am Ritten erkennen, bei weitem aber nicht auf allen. Deshalb habe ich sie dem Rittner Heimatkundler Klaus Demar geschickt, welcher sie in nächster Zeit den verschiedenen Örtlichkeiten und Hofstellen zuordnen wird. Er ist übrigens der Mitautor eines umfangreichen Buches über die Rittnerbahn.
Wieder ein schöner Netzfund von der gefühlten 50. Google-Ergebnisseite. Man beachte unten links die Signatur LoreK. Anton Kinsele dürfte der Cousin von Eleonore gewesen sein (“Base”, “Vetter” im Brief). Er war ein Bozner Anwalt, war in Sozietät mit Julius Perathoner, dem letzten gewählten Bürgermeister Bozens vor der Machtübernahme der Faschisten. Genauso wie dieser war auch Anton deutschnational und im Gemeinderat tätig. Er war sehr rührig, denn man findet sein Engagement in mehreren Bereichen u.a. auch als Vorstandsmitglied des historischen Bozner Baumwollspinnwerks an der Talfer. Er war zudem Erstunterzeichner eines mutigen Protestschreibens Bozner Bürger, welche damit gegen die Errichtung des Siegesdenkmals – ohne Erfolg – protestierten.
Viele der Unterlagen, welche wir im Hause gefunden haben, beziehen sich auf Eleonore Kinsele. Schon immer wussten wir, dass sie Malerin war. Wegen den Erzählungen, auf Grund einiger Aktzeichnungen, welche wir zusammengerollt im Dachboden gefunden haben, aber auch weil diese Bezeichnung auf einigen Briefumschlägen aufscheint. Dort ist auch immer wieder München angeführt. Insofern haben wir folgendes Dreieck ihres Lebens bis jetzt: Bozen/Oberbozen, München, Hall.
Frau Caroline Sternberg der Akademie der Bildenden Künste München hat auf meine Anfrage hin geantwortet:
Vor 1920 haben keine Frauen an der Münchner Akademie studiert. Ich habe für Sie nachgesehen und Eleonore Kinsele in den Listen der Damenakademie gefunden. Sie hat da von 1905/06 bis 1916/17 studiert. Sie können das nachlesen bei Deseyve, Yvette: Der Künstlerinnenverein e. V. und seine Damenakademie. München 2005.
Sie findet die Damenakademie sei ein spannendes Thema und vermutet, dass das die Kollegen vom Münchner Stadtmuseum interessieren könnte. Sie hat meine Anfrage an diese weitergeleitet.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
Auf Grund der ersten Hinweise aus dem Kaufvertrag habe ich Mails mit der Bitte um Auskunft verschickt. Gemeinde Hall: Eleonore Kinsele Gemeinde Linz: Johanna Kinsele-Lartschneider Landesarchiv: Familie Kinsele (auf Anraten des befreundeten Historikers Hannes Obermair) Oberschützenmeisterin des Oberbozen Schießstandes Magdalena Amonn: Suche nach Bezügen zwischen den Mitgliederlisten und Eigentumsverhältnissen. Alexander Friedl: er hat mit seiner Familie über zwanzig Jahre ganzjährig bis 1969 bewohnt, vielleicht findet er bei ihm noch Fotos aus jener Zeit, welche das Haus abbilden?
Der erste Anhaltspunkt für die Recherchen sind diese Grundbuchsauszüge und der Kaufvertrag von 1943, welche ich in den Hausunterlagen meines Vaters gefunden habe. Alles ins Italienische übersetzt, Deutsch ist als Amtssprache nicht mehr gültig. Es fällt auf, dass das Haus im Laufe der Jahre immer wieder mit Hypotheken belastet wurde.
Dieser Eintrag lässt mich darauf schließen, dass Luise von Rehorovszky die Frau von Robert Kinsele gewesen sein könnte. Nach ihrem Ableben dürfte das Haus in das Eigentum von Johanna Kinsele, Medizinalratsgattin in Linz, und Eleonore Kinsele, Private in Solbald Hall, übergegangen sein, denn diese scheinen im teilweise zweisprachigen Kaufvertrag auf. Franz Kinsele ist also ihr Vater. Geburtsdaten fehlen aber.
Am 25. Juli 1943 ist Mussolini gestürzt worden, am 3. September schloss sein Nachfolger Badoglio den Waffenstillstand mit den Alliierten, am 9. September besetzten deutsche Truppen Italien. Am 13. August, als der Kaufvertrag mit meiner Großtante Antonie von Menz, geborene Sanin abgeschlossen wurde, erkannte man darin von diesem Umsturz noch nichts. König Viktor Emanuel war noch Kaiser von Äthiopien und auch die Rassengesetze waren noch gültig; es wird erklärt, dass alle Vertragspartner der arischen Rasse angehören.
In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:
(1943). Kaufvertrag Villa Kinsele durch Antonie von Menz.
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