Vor 115 Jahren, zur Eröffnung der Zahnradbahn auf den Ritten, veröffentlichte der unter dem Pseudonym Hans von Hoffensthal schreibende Bozner Arzt und Schriftsteller Johann Nepomuk Anton Josef Maria von Hepperger zu Tirschtenberg und Hoffensthal diesen Beitrag in den Innsbrucker Nachrichten vom 14. August 1907. Es ist das einzige seiner Werke, welches auch in jüngerer Zeit noch einmal gedruckt wurde.
Von der Rückseite: «Der “Abschied von Oberbozen” gehört zu den schönsten Prosastücken, die der Bozner Arzt und Romancier Hans von Hoffensthal geschrieben hat, Der Essay entstand, als im Jahre 1906 die damals hochmoderne Zahnrad- und Straßenbahn von der Stadt aus hinauf zur klassischen Bozner Sommerfrische auf der Rittner Hochfläche geführt wurde. Der Dichter trauerte um das Versinken einer archaischen Idylle und die Entwicklung hat ihm in einem gewissen Maße recht gegeben, wenngleich heute das technische Monstrum von damals von Freunden des Rittens wie ein liebes altes Erbstück in Teilen behütet und erhalten wird. — Der mit dem Ritten eng verbundene Maler und Lichtbildner Oswald Kofler hat in seinen Meisteraufnahmen viel von jener Rittner Idylle verlebendigt, wie sie zu Hoffensthals Zeiten war und zu einem guten Teil auch heute noch ist.»
Auch dieses Buch ist vergriffen und inzwischen nur mehr im Antiquariat erhältlich. Wer den ursprünglichen Text in den Innsbrucker Nachrichten lesen will, kann sich hier das dementsprechende Textdokument herunterladen.
Es gibt im Wesentlichen zwei Gründe, warum ich hier über Hoffensthal schreibe. Zum einen weil der “Abschied von Oberbozen” leider weiter anhält. Die neuzeitlichen Segnungen technischer und ökonomischer Natur haben unglücklicherweise Kollateralschäden verursacht, welche für jeden augenscheinlich sind; und desto mehr schmerzen, je sensibler das Auge und das Empfinden in dieser Hinsicht sind. Besonders die durch die Straßenverbindung zuerst und den Ausbau der Schwebebahn danach immer bessere Anbindung an die Stadt ließ die Begehrlichkeit wachsen, den Ritten als dauernden Aufenthaltsort zu wählen. Der Zuzug von Einwohnern bewirkte eine ungebremsten Bautätigkeit, welche ihresgleichen sucht und lokalpolitisch gewollt oder zumindest nicht verhindert wurde. Logischerweise kann es nicht beim Bau von Wohnhäusern bleiben, mehr Einwohner bewirken auch mehr und größere Infrastrukturen, welche wiederum den Flächenfraß und die autogerechte Bodenversiegelung vorantreiben. “Die Stadt rückt näher”, sagte treffend ein Freund letztlich, als wir ob der rezenten Entwicklungen sinnierten. Wie auch sonst vielerorts sind viele lauschige Plätze den neun Erfordernissen geopfert worden und identitätsstiftende Baulichkeiten wurden oft zu Tode saniert. Wenn man bedenkt, dass eine langsame Zahnradbahn und ein paar Hotels Hoffensthal in tiefe Melancholie stürzen ließen, wie würde er heute reagieren? Positiv kann nur vermerkt werden, dass westlich von Maria Schnee seit langem ein weitestgehendes Neubauverbot herrscht und wenigstens in Maria Himmelfahrt die Kultur- und Baulandschaft mit einigen Ausnahmen erhalten geblieben ist.
Der zweite Anlass, Hoffensthal zu behandeln, besteht darin, dass er in seinen Romanen den Bozner Adel und das dortige Bürgertum, zudem ja auch unsere Kinsele-Familie gehört, eingehend skizziert. Oberbozen ist häufig der Ort der Geschehnisse und in “Marion Flora” kommt sogar die Villa Kinsele vor. Aber darüber in einem nächsten Beitrag.
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