Grundbuch und Kataster als wichtige Quellen

Wenn man die Bau- und Eigentumsgeschichte ab ca. 1907 erforschen will, dann sind die Grundbucheintragungen ein unerlässliches Hilfsmittel. Grafisch kann man Situationen mit Hilfe der ersten umfassenden Katasterkarte sehr übersichtlich sogar bis zur 1858 zurückverfolgen. Und das Gute dabei ist, dass man dabei ist, auch die historischen Teile der beide Institutionen zu digitalisieren, womit der Zugriff der Bürger weiter erleichtert wird.

Digital (GeoBrowser) und analog (Grundbuchfolianten) in guter Ergänzung.

Grundbuch und Kataster in Südtirol sowie in den anderen Provinzen Italiens, welche nach 1918 zu Italien geschlagen wurden, stammen noch von der österreichischen Verwaltung und wurden wohlweislich von den neuen Machthabern, begrenzt auf die obgenannte Gebiete, übernommen.
Das österreichische Grundbuchssystem hat sich nach allgemeiner Meinung ab dem 12. Jahrhundert bzw. seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus dem Institut der “Landtafeln”, das in einigen Gebieten der Habsburger Monarchie – nämlich in Böhmen, Mähren und Oberschlesien – bestanden hat, entwickelt. Dort hatte sich nach und nach der Grundsatz durchgesetzt, dass Rechte an Liegenschaften nur nach erfolgter Kundmachung und zwar durch Eintragung in bestimmte Verzeichnisse (Tabulae, Tafeln) erworben werden. Die Eintragung in das Verzeichnis hatte demnach nicht nur bloße Beweiskraft, sondern auch substantielle, rechtsbegründende Wirkung: der Inhalt des Verzeichnisses konnte nicht bestritten werden und die mangelnde Kenntnis der Eintragungen des Verzeichnisses war irrelevant. (Landesverwaltung 2024)

Das Titelblatt eines Folianten des Grundbuches.

Das Kataster gibt hingegen Auskunft über die Lage und die Größe sämtlicher Grundstücke und Gebäude sowie deren Nutzung.
Auf unserem Gebiet – sowie in Teilen anderer Provinzen Norditaliens, die früher ebenso zum alten Kaiserreich gehörten, wie Trient, Belluno, Trieste usw. – ist noch heute der österreichische Grundkataster in Kraft, der von Kaiser Franz I. von Österreich mit allerhöchstem Patent vom 23. Dezember 1817 zum Zweck des Grundsteuerausgleiches eingeführt wurde: “… In Erwägung der Missverhältnisse, welche bey der Umlegung der Grundsteuer nach dem bestehenden Maßstabe der Verteilung für ganze Provinzen, Kreise, Distrikte und Gemeinden, wie für einzelne Contribution hervorgehen …”. So wollte man einen geometrischen parzellenbezogenen Kataster aufbauen, gestützt auf die Vermessung und die “stabile” Schätzung. Für jede einzelne Parzelle musste mittels direkter Schätzung der ständige steuerpflichtige Wert bestimmt werden, d.h. der Nettoertrag mit Bezug auf die Jahre mit durchschnittlicher Produktivität. (Landesverwaltung 2024)

GeoBrowser MapView: Ein Ausschnitt des aktuellen Katasters von Maria Schnee/Oberbozen. Eingeblendet, siehe linke Leiste, sind die Parzellen und ihre Nummern. Wie immer zur größen Ansicht die Abbildung anklicken.

Es ist daher ausreichend, die Parzellennummer zu kennen, um mehr über die Geschichte und den gegenwärtigen Status der Liegenschaft zu erfahren und mittels der Einlagezahl alle Informationen, die die Immobilieneinheit betreffen, zu erhalten. Die Applikation GeoBrowser MapView der Südtiroler Landesverwaltung ist ein probates Hilfsmittel, das die Vorteile der Digitalisierung sehr gut ersichtlich macht. Sicherlich stand nicht die Hilfestellung für Hobbyhistorikern im Vordergrund, aber ohne ihr würde ich für meine siedlungsgeschichtlichen Nachforschungen zehn Mal mehr Zeit brauchen.

GeoBrowser MapView: Die Ansicht der Parzellen kann auch mit einer aktuellen Ortophoto-Karte (Einstellung unten links) unterlegt werden. So kann man sich besser zurechtfinden, schneller die gesuchten Parzellen ausfindig machen.

Im GeoBrowser MapView stehen vielfältige Daten zur Verfügung. Neben den Daten der Landeskartografie, sind auch Daten der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, der Landesagentur für Bevölkerungsschutz, des Landesamts für Geologie und Baustoffprüfung, der Landesabteilungen Denkmalpflege, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Straßendienst, Mobilität, Grundbuch und Kataster, des Landesinstituts für Statistik (ASTAT), des Landesamts für Industrie und Gruben und auch des Südtiroler Gemeindenverbandes. (Landesverwaltung 2024)

GeoBrowser MapView: Die historische Mappe von 1858 im der gleichen Örtlichkeit. Wie so oft fällt sogleich auf, wie wenig Gebäude zu der Zeit dort standen. Wenn man z.B. wissen will, wem die seinerzeit große Ackerfläche westlich der Villa Kinsele gehört hat, dann sucht man im handgeschriebenen Register, welcher Einlagezahl dieser Parzelle im Moment der Grunbdbuchseröffnung zugeordnet wurde. Die Einlagen sind numerisch in den großen Büchern geordnet, weshalb sie sich dort leicht finden lassen. In der Einlage sind die dazugehörigen Parzellen aufgelistet, mit ihren Eigentümern im zeitlichen Verlauf, mit allen angefallen Dienstbarkeiten, Hypothekarbelastungen, Löschungen derselben usw.

Von jedem mit dem Internet verbundenem Computer kann darauf zugegriffen werden, die einzelnen Schichten können aktiviert werden, wodurch der Informationsfluss nochmal intensiviert wird und zeitliche Vergleiche z.B. möglich werden. Man kann in den Karten Abstände und sogar Umfänge und Flächen von unregelmäßigen Polygonen berechnen lassen. Die Verwendung bedarf keiner Registrierung und Anmeldung, einzig der Zugriff auf die Katastermappe von 1858 setzt einen SPID-Zuganges voraus (warum gerade dies entzieht sich meiner Kenntnis).

GeoBrowser MapView: Auch die Ansicht der Katastermappe von 1858 lässt sich mit anderen Layern (=Schichten) kombinieren. Wer sich in Oberbozen ein wenig auskennt, wird leicht sehen können, dass z.B. das Gebäude der Bäckerei Hackhofer (oben, Mitte, BP 1158/1) auf der damals als 3192/2 bezeichneten Wiesenfläche noch zu entstehen hatte.

Alles, was mit den Grundstücken und Gebäuden vor der Eröffnung des Grundbuches (am Ritten 1907) passiert ist, ist hingen in der Vergängerinstitution, den Verfachbüchern zu finden. Dort wurden alle Verträge registriert, also “verfacht”. Sie liegen im Landesarchiv auf und können dort konsultiert werden. Sich in den Verfachbüchern auskennen und daraus Informnationen zu beziehen gehört dann schon zur der mir verwehrten Königsklasse in der Recherche.

Für die wertvolle Hilfe und die Geduld möchte ich Hr. Wolfgang Winkler vom Grundbuchamt Bozen herzlich danken.

In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:

(N.d.). Geschichte des Grundbuchs.
Retrieved October 24, 2024, from https://www.provinz.bz.it/bauen-wohnen/kataster-grundbuch/grundbuch.asp
Anonym (n.d.). Geschichte des Katasters.
Retrieved October 24, 2024, from https://www.provinz.bz.it/bauen-wohnen/kataster-grundbuch/kataster.asp
(N.d.). Geobrowser MapView.
Retrieved October 24, 2024, from https://maps.civis.bz.it/
Winkler, Wolfgang (2024). Mündliche Mitteilung.

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