Ein jährliches Andenken

Foto: A. Kobler

Alle Jahre wieder überzieht im Frühling ein Teppich von Narzissen den oberen Teil der unteren Hauswiese. Mindestens seit ich mich erinnern kann, und das sind inzwischen mehr als 50 Jahre, bereichern ganz viele gelbe Farbtupfer den zu Zeit noch recht grauen Oberbozner Vorfrühling. Mit ganz großer Wahrscheinlichkeit hat Kurt Friedl in den Jahren davor die Narzissenzwiebel dort gesetzt. Er bewohnte mit seiner Frau Else und dem gemeinsamen Sohn Alexander 22 Jahre ganzjährig die Villa Kinsele.

Meines Wissen hat meine Großtante an dem 1943 von ihr erworbenen Haus kein Interesse gehabt, das über das Wirtschaftliche hinausgegangen wäre; sie bewohnte ja schon den Ortnerhof, der dem Eigentum ihres Mannes entstammte. Demzufolge konnte sie auch mit dem großen Musikzimmer im oberen Stock nichts anfangen, sie baute eine kleine Wohnung hinein. Diese, samt dem Büro, dem letztlich von meinen Eltern benutzten Schlafzimmer, bewohnte die Familie Friedl seit 1947.

Foto: A. Kobler

Kurt Friedl entstammt einer Hoteliersfamilie. Ihr gehörte das jetzige Hotel Post. Zumindest bis in die einsprachige italienische Zwischenkriegszeit trug es den Namen der Familie, wie diese Postkarte bezeugt. Man bemerkt auf dem Foto auch, dass der Hoferbauer schon an die neue Hofstelle umgezogen ist, der große Stallstadel im Park des Hotels ist nämlich nicht mehr vorhanden.

Rechts das Hotel Friedl (vormals Hofer, später Post), links der Doppelbauer (Hotel Viktoria), die Villa Kinsele dazwischen ist von der Linde und der Rosskastanie verdeckt.

Ein leidenschaftliches Hobby des letztlich als Geschäftsführer der Rittner Quellwassergenossenschaft tätigen Oberbozners war das Gärtnern. Tatkräftig unterstützt von seiner Frau Else und dem heranwachsenden Sohn Alexander hegte und pflegte er den zum Haus gehörenden relativ großen Gemüsegarten mit einer beispiellosen Hingabe. Der Garten war weitum einer der schönsten. Auch nach der Übersiedlung konnte er den Garten leihweise behalten, wir hatten dafür während der Sommermonate immer das ganze frische Gemüse, das wir brauchten. Erst als er es irgendwann altersbedingt nicht mehr schaffte, gab er zu unserem Leidwesen den Garten auf. Ich erinnere mich immer gerne an den “Herrn Friedl”. Er war eine angenehme Respektsperson und ein Mensch, der über eine bemerkenswerte Bildung verfügte, weshalb man von ihm immer nur lernen konnte. Spätestens, wenn wie jedes Jahr alle Narzissen blühen, tritt die angenehme Erinnerung an ihn wieder in den Vordergrund.

Foto: A. Kobler

In diesem Beitrag verwendete Literatur- und Bildquellen:

Fränzl, Lorenz (Wahrscheinlich Zwischenkriegszeit). Hotel Friedl und Viktoria, im Vordergrund pfügende Bauersleute. [Fotografie Postkarte].
image_pdfimage_print

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert