Für einen vermögenden Bozner Patrizier gehörte es zu der Zeit natürlich dazu, auch über Weingüter zu verfügen. Richard Kinsele beließ es nicht nur beim Eigentum, er soll sich auch bei der Weinbeurteilung dementsprechend gut ausgekannt haben, so dass er in die Jury der Weinprämierung anlässlich der “Früchten-Ausstellung” berufen wurde (Bozner Zeitung vom 24.9.1867).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte sich das segensreiche Wirken Erzherzog Johanns von Österreich der vorangegangen Jahre stark bemerkbar, insbesondere was die Aktivitäten der von ihm gegründeten landwirtschaftlichen Gesellschaften angeht. Alle interessierte Personen, unabhängig von ihrem Stand, konnten sich dort einbringen und am landwirtschaftlichen Fortschritt mitwirken. Es wurden neue Rebsorten, Anbaumethoden und Verarbeitungstechniken ausprobiert und nach einigen Jahrzehnten erblühte der tirolische Weinbau wieder. Herr Helmut Scartzezzini hat darüber publiziert, in meinem Wein-Blog kann man diese interessante Abhandlung nachlesen: Erzherzog Johann und der Weinbau in SüdtirolTeil 1, Teil 2.
Immerhin wurde schon damals blind verkostet, eine Voraussetzung für ein möglichst objektives Urteil. Und auch die Probleme mit den Verschlüssen sind nicht neu. Der Gebrauch von Siegellack über den Flaschenhals scheint übrigens damals durchwegs üblich gewesen zu sein.
Richard Kinsele war nicht der erste seiner Familie, der an der Weiterentwicklung und Verbesserung des Weinbaus in Tirol beteiligt war. “In der Versammlung des Zentralvereins (der K. K. Landwirtschaftsgesellschaft von Tirol und Vorarlberg) von 1840 berichtet die Filiale Bozen über die von Herrn von Kinsele eingeleiteten und vom Freiherrn Ignaz von Giovanelli fortgesetzten Rebenanpflanzungen mit Edelreisern von Frankreich, vom Rhein und anderen.” berichtet Scartezzini. Es muss sich dabei um den Onkel von Richard gehandelt haben. Josef von Kinsele zu Eckberg (1765 bis 1839) war nämlich der einzige adelige Kinsele.
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